Was für ein Debüt. 13 Tote auf 121 Seiten. Würde man die Story in Echtzeit erleben, verginge vermutlich gerade einmal eine halbe Stunde. Erzählt wird eine Gaunergeschichte. Brutal und witzig, philosophisch und dennoch ausreichend flach. Der Letzte löscht das Licht vom Schweizer Tobias Aeschbacher ist der zu Papier gebrachte Tarantino-Film. Ein Comic, der völlig zu Recht mit dem Max und Moritz-Preis des Comics-Salons Erlangen ausgezeichnet wurde – für das beste deutschsprachige Debüt.

Ja, man kann lachen beim Lesen dieses Comics. Es wird geballert und gemurkst. Fast wahllos fliegen die Kugeln durch die Gegend. Auch mal von oben ins Untergeschoss, durch die Decke – einfach so. Erst reden, dann schießen – das kann man sich hier abschminken. Wobei, hier und da wird schon noch diskutiert. Allein, es nützt nichts. Komisch ist das Buch dennoch. Sehr komisch sogar.
Ja, okay – der Pulp Fiction Vergleich…
Schon die erste Szene erinnert an Pulp Fiction, mit Uma Thurman und John Travolta. Drei geistig eher minder bemittelte Gauner fahren im Auto zu ihren ersten Opfern. Warum immer der eine hinten sitzen muss und wieso der dann auch noch seine Knarre Carole nennt – das sind die Anfangsdialoge, die schnell deutlich machen: Hier geht es um puren Slapstick.

Die drei Gangster fahren zu einem Haus, dessen Besitzer einst im Lotto gewann, und der die Wohnungsnummern nach seinen Gewinnzahlen nummeriert hat. In Wohnung Nummer 12 warten schon die ersten Opfer, die natürlich nichts von ihrem Unglück ahnen. Selbst Klein-Ganoven zählen sie noch die Summe des erbeuteten Geldes.
Die Asche meiner Mutter…
Dass sie aber auch eine Urne mit der Asche der toten Mutter des Gangster-Chefs mitnehmen, ist ihnen gar nicht klar. Bei der Rückgabe geht es also nicht um Drogen, sondern um die leiblichen Überreste. Die aber stehen in einer anderen Wohnung, denn die Bewohner der Nummer 12 haben die vermeintliche Vase verschenkt. Pech für die neue Besitzerin, denn die muss selbstverständlich auch bald dran glauben.

Dass in dem Haus noch ein Auftragskiller, eine Prostituierte, zwei Kiffer und ein Ehepaar wohnen, die sich wegen schwerer Krankheiten gerade selbst umbringen, macht das absurde Setting perfekt. Und dass die Geschichte immer wieder in kleinen Rücksprüngen erzählt wird, ist ein raffinierter Kniff, der der Story noch den gewissen Dreh gibt.
Toll erzählt
Dass am Ende keiner überlebt, ist nur konsequent. Und lässt einen trotz der eigentlich tragischen Geschichte nicht traurig zurück. Die Frage aber bleibt: Wer macht jetzt eigentlich das Licht aus?

Sechs Jahre lang hat der 35-jährige Schweizer Tobias Aeschbacher an seinem ersten langen Comic gearbeitet. Dank einiger Finanzspritzen, etwa von der Schweizer Kulturstiftung oder der Stadt Biel, konnte er es sich auch mal leisten, Illustratoren-Jobs abzulehnen und die Geschichte zu Ende zu bringen.
Finanzspritzen helfen
Auch wenn er von vielen Gangsterfilmen beeinflusst worden sei, so habe er doch auch philosophische Themen aufgreifen wollen. Und so hat er ein Bild einer Gesellschaft gezeichnet, die von „Dummheit, moralischer Indifferenz, Tiefsinn, Gewalt, Ironie und nicht zuletzt von Zufällen beherrscht wird“, wie es auf dem Buchrücken heißt.

Zuletzt habe ich bei Shooting Ramirez über ein ähnlich absurdes Setting gelacht. Der Letzte löscht das Licht ist ein wunderbares Debüt, das Hoffnung auf mehr macht. Und das zeigt, was der zeitgenössische Comic kann – jenseits vieler avantgardistischer Experimente oder so mancher tollen Graphic Novel, die sich ernsthaft mit Themen auseinandersetzt. Hier wird eine völlig andere Comic-Geschichte erzählt: absurd, humorvoll und skurril. Einfach großartig!
5 von 5 Comic-Denkblasen
Angaben zum Buch: Der Letzte löscht das Licht. Autor/Zeichner: Tobias Aeschbacher. HC, Farbe. 122 Seiten. Helvetiq-Verlag. 20,-€ (auch auf Französisch erhältlich.)
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