Chaland-Gesamtausgabe

Im Riedl-Verlag ist jüngst eine Yves Chaland-Gesamtausgabe erschienen. Der früh verstorbene Zeichner hat ein spannendes Werk hinterlassen. Alfonz-Herausgeber Volker Hamann hat die deutsche Bearbeitung der Gesamtausgabe übernommen. Im Interview erzählt er von Chalands Bedeutung und welche Rolle er genau bei der Neuveröffentlichung gespielt hat. 
(Alex Jakubowski) Lieber Volker, Comicfans dürften mit der Zunge schnalzen, endlich gibt es eine Gesamtausgabe zu Yves Chaland. Die Veröffentlichungsgeschichte von seinen Stories ist auf Deutsch ja recht unübersichtlich: Taschen, Carlsen, die Edition Kunst des Comics – zuletzt vor zwei Jahren Finix, die Captivant veröffentlicht haben, mit der auch die neue Ausgabe jetzt beginnt. Die übliche Frage unter Sammlern: Was ist der Mehrwert der neuen Ausgabe?

Tatsächlich ist es eine besondere Herausforderung, im Werk von Yves Chaland (1957–1990) von einer Gesamtausgabe zu sprechen. Dazu sind seine Arbeiten, die gleich zu Beginn seiner Karriere eine gewisse Klasse und Qualität hatten, viel zu sehr verstreut und in zahlreichen Magazinen veröffentlicht worden. Und noch wichtiger, er hat kaum langlebige Serien geschaffen, wenn man von Freddy Lombard und Klein Albert absieht. Letztere Serie ist in ihrer Gesamtheit nun Bestandteil dieses Bandes, während Freddy Lombard erst 2017 im Carlsen Verlag in einer Gesamtausgabe erschienen ist.

Die Freddy Lombard Ausgabe bei Carlsen.
©Carlsen Verlag GmbH Hamburg 2017

Da alle bisher publizierten Alben von Chaland inzwischen vergriffen sind, auch die jüngst bei Finix erschienene Captivant-Ausgabe im Originalformat, bot sich eine Neuausgabe in möglichst gesammelter Form an. Damit kommt der Leser auch in den Genuss vieler früher oder bisher noch gar nicht in deutscher Übersetzung publizierter Arbeiten wie John Bravo oder seine illustrierten Bücher wie Kidnapping per Teleportation oder Cyborgs sind keine Menschen.

Was war Dein Job bei der Veröffentlichung jetzt?

Ich war zuständig für die redaktionelle Betreuung dieser Ausgabe, d.h. ich habe geprüft, ob das Material der französischen Ausgabe tatsächlich vollständig war und habe an ein paar Stellen nachgebessert. Also bessere Vorlagen oder auch einige Beiträge zusätzlich geliefert, die fehlten, sowie ein paar Umstellungen und Ergänzungen vorgenommen. Dazu die entsprechende Dokumentation geliefert, Begleittexte geschrieben, um dem deutschen Leser eine Einordnung in das komplizierte Geflecht der Originalpublikationen zu ermöglichen. Außerdem habe ich die Übersetzung des Nachwortes lektoriert.

Wenn ich das richtig sehe, habt Ihr auch ein neues, einheitliches Lettering. Wer steckt dahinter und wie wichtig ist Dir, dass die Sprechblasen gut lesbar sind und schön aussehen?

Das lag nicht in meinem Aufgabenbereich. Ich finde die Übertragung aber auch sehr gelungen.

Die Captivant-Ausgabe von Finix.
©Finix Comics Wiesbaden 2022
Yves Chaland hat ja einen legendären Ruf, der sicherlich auch mit seinem frühen Unfalltod zusammenhängt. Was macht seine Kunst aber in Deinen Augen aus?

Yves Chaland erlangte schon zu seinen Lebzeiten, also in der relativ kurzen Schaffensperiode von 1978 bis 1990, einen legendären Ruf als derjenige Künstler, dem es gelungen war, das Ambiente und den Esprit klassischer Comics aus den 1940er- bis 1950er-Jahren aufzugreifen und daraus moderne, bisweilen surrealistische und skurrile, auf jeden Fall aber interessante Comics zu machen. Er war damit unter den Vertretern der sogenannten Nouvelle Ligne Claire, zu denen auch Zeichner wie Serge Clerc, Ted Benoit oder Jean-Claude Floc’h zählen, derjenige Künstler, der Stil und Ton von Serien wie Spirou und FantasioJeff Jordan oder Blake und Mortimer traf und die vielen nun erwachsenen Fans begeisterte, die mit diesen Comics aufgewachsen waren. Sein viel zu früher Tod hat dann dafür gesorgt, dass seine Arbeiten nicht nur aus nostalgischen Gründen populär wurden, sondern auch durch die tragische Gewissheit, dass von ihm nichts mehr kommen wird.

Klein Albert
©1989 by Edition Kunst der Comics

Im Impressum steht GA 1 – wir können davon ausgehen, dass es einen zweiten Band gibt? Vermutlich mit den Geschichten um Freddy Lombard?

Stimmt, der nun vorliegende Band ist der erste einer im französischen Original zweibändigen Reihe, wovon der zweite Freddy Lombard gewidmet ist. Inwieweit auch dieser zweite Band in Deutschland erscheinen könnte, kann sicherlich der Verleger beantworten.

Angaben zum Buch:
Das Werk von Yves Chaland, von seinen ersten Parodien mit Luc Cornillon bis hin zum genialen »Le Jeune Albert« (dt. Klein Albert), ist die wahre Verkörperung des Autors. Dort fließt nicht nur sein bissiger Humor ein, sondern auch eine tiefere Poesie, sein persönliches Vermächtnis über Kindheit, Freundschaft und das Leben im Allgemeinen.
Enthält: Captivant, Bob Mémory, Bob Fish, John Bravo, Klein Albert, Atomax, Kidnapping per Teleportation, Adolphus Claar, Cyborgs sind keine Menschen.
Auch ein sehr schönes Buch über Yves Chaland.
©Brussels / Dupuis 2019

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