Zarter Schmelz: Lucky Luke

Der Mann, der schneller schießt als sein Schatten, reitet wieder. Während der Berliner Zeichner Mawil in seiner Hommage vor zwei Jahren den treuen Gefährten Jolly Jumper gegen ein Fahrrad eintauschte (vgl. https://comic-denkblase.de/lucky-luke-sattelt-um), läßt Ralf König den Cowboy wieder in den Pferdesattel steigen. Ansonsten aber ist vieles anders. Und das ist auch gut so. Denn Königs Hommage findet auf mehreren Ebenen statt. Nicht nur der Zeichner ehrt die Kultfigur, auch im Comic selbst wird Lucky Luke auf einmal angehimmelt.

Lange habe ich beim Lesen der neuen Hommage „Seegurken auf Stelzen“ gesucht. Im Comic-Denkblasen-Interview vom Februar https://comic-denkblase.de/ralf-koenig-zeichnet-lucky-luke hatte Ralf angedeutet, dass er mit seiner Art, Pferde zu zeichnen, nicht zufrieden sei. Zwar spielt Jolly Jumper im neuen Album keine herausragende Rolle. Die Pferde aber können sich durchaus sehen lassen. So wie der Rest im Übrigen auch. 

Per Zeitreise zum Arbeitsamt

„Zarter Schmelz“ liest sich aus einem Guss. Erstaunlich, wenn man weiß, dass Ralf König einfach so drauflos arbeitet. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive von Cowboy Bud. Per Zeitsprung geht es 40 Jahre zurück. Der Bart ist nicht mehr grau, sondern noch rot. Und die Erinnerung führt uns direkt hinein nach Straight Gulch – und zwar zum Arbeitsamt. 

Immer wieder kombiniert Ralf König das klassische Western-Setting mit Anspielungen ans hier und jetzt. Das Job-Center als Treffpunkt, der Buchladen, der keine Comics verkauft, der Rossmann einfach nur als Hintergrund. Die Bahncard Fuffzig…

Eindeutige Handschrift

Die Daltons sind auf einmal Lucky-Luke-Fans, Cliff Hanger und Nes Quick wollen seine Unterwäsche klauen. Der Federschmuck der Indianer-Pferde kommt in Regenbogen-Farben daher und Lucky Luke selbst hat auf einmal Brustwarzen. 

Übrigens raucht Lucky Luke auch wieder, allerdings nur Schokoladen-Zigaretten von Alfonz (sic!) Sprüngli. Dessen lila Kühe müssen natürlich über den Bareback Mountain getrieben werden. Was dabei Calamity Jane zu suchen hat und wer mit wem ein Techtelmechtel hat: all das packt König in seine Geschichte. Ein Gag jagt den nächsten – und dass sich schwule Cowboys als roter Faden durch die Geschichte ziehen, versteht sich bei Ralf König von selbst.

Ein echter König

Am Ende bekommen auch noch Comic-Nerds ihr Fett weg und das schon zu Beginn angedeutete Duell bekommt seine ganz eigene Wendung. Lucky Luke reitet der roten Abendsonne entgegen während sich Bud an ihn zurück erinnert: „Der muss doch schon Mitte siebzig sein“. Und das, wo Comic-Figuren doch sonst nie altern…

Natürlich ist eine Hommage immer ein Spagat. Ein Experiment, das für mache vielleicht nicht funktionieren wird. Für die einen ist es zu viel König, für die anderen zu wenig. Andere werden sich mit dem Zeichenstil nicht anfreunden können und sich deshalb lieber auf den neuen Achdé freuen.

Zarter Schmelz: Lucky Luke – ein Comic, wie ich ihn mir wünsche

Für ich aber ist die vorliegende Hommage ein riesiger Spass. Eine absolut gelungene Symbiose, das beste beider Welten. Ein Comic, wie ich ihn mir wünsche, mit Anspielungen an alte Alben, viel Wort- und Bildwitz und einer eindeutigen Zeichner-Handschrift. Gratulation!

5 von 5 Comic-Denkblasen

Angaben zum Buch: Lucky Luke: Zarter Schmelz. Hommage 5. Text und Zeichnungen: Ralf König. 64 Seiten, farbig. Egmont Comic-Collection. HC: 16,-€

Hier gehts zum Verlag: http://www.egmont.de