Ein Statement für Carl Barks

Wusstet Ihr, dass Verleger Benedikt Taschen in einem früheren Leben Comichändler war? Seine Liebe zur Neunten Kunst findet sich immer wieder in seinem Programm wieder. Der Verlag hat eben ein Buch mit Donald-Duck-Geschichten veröffentlicht. Autor ist kein Geringerer als der legendäre Carl Barks – den alle Fans unter dem Beinamen The Good Artist kennen. Wie immer bei Taschen ist das Buch opulent und top produziert. Allerdings gibt es auch Kritikpunkte. Disney Comics Library: Donald Duck. Ein Statement für Carl Barks.

© Disney 2025 

Entenhausen, wie wir es kennen, ist ohne Carl Barks undenkbar. Aus der Zeichentrickfigur von einst, die als Sidekick ihre Karriere begann, hat Barks einen unverwechselbaren Charakter geformt. Nicht ohne Grund hieß vor 32 Jahren die von Gottfried Helnwein kuratierte Ausstellung über das Werk von Carl Barks: Und die Ente ist Mensch geworden.

Ohne Barks kein Entenhausen

Wenn wir Geschichten um Onkel Donald, Onkel Dagobert oder Tick, Trick und Track lesen, sehen wir nicht die Tiere in den Figuren. Wenn der Erpel tobt und schreit, oder die Gans tollpatschig daherkommt, dann verbinden wir das nicht mit der Tierwelt eines Bernhard Grzimek. Wir sehen uns selbst in den Figuren – denn sie halten uns den Spiegel vor. Sehr empfehlenswert in diesem Zusammenhang ist die aktuelle Comic-Ausstellung in der GrimmWelt Kassel: Ich – das Tier.

Das opul-ente Buch
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Dass das so ist, ist das große Verdienst des Zeichners aus Oregon, dessen Geschichten rund um Entenhausen in Deutschland ab 1951 in den Micky-Maus-Heften veröffentlicht wurden. Taschen zeigt jetzt Arbeiten, die Carl Barks zwischen 1942 und 1950 gezeichnet hat. Darunter „Lost in the Andes“ oder auch „Donald Duck Finds Pirate Gold“. Es sind Nachdrucke der ersten acht Jahre der Four Color Comics, einer US-Heftreihe, die längere Comic-Geschichten abdruckte.

Alt aber gut

Wie schon bei der Marvel Comic Library hat Taschen hier versucht, den Flair der frühen Hefte einzufangen. Papierqualität und Druck sollen den Originalen möglichst nahekommen. Die Hefte werden mit Covern und Rückseiten gezeigt. Außerdem gibt es ein 40-Seitiges Vorwort des amerikanischen Autors und Disney-Experten Jim Fanning.

Donald Duck in Lost in the Andes (Four Color No. 223).
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Heraus gekommen ist wieder einmal ein Statement. Fast sechs Kilogramm schwer, mehr als 600 Seiten dick. Ein Buch, das Donald Duck und Co. und einem seiner Hauptautoren die Ehre erweist. Wer bisher noch keine Carl Barks Comics zu Hause hat, der darf sich glücklich schätzen, mit diesem Buch eine kompakte Einstiegsdroge geliefert zu bekommen.

Aber – und jetzt kommen die Einschränkungen: Wie auch bei anderen Büchern verzichtet Taschen auf die deutsche Übersetzung. Und: Drei Geschichten, die eigentlich im betroffenen Zeitraum entstanden sind, werden nicht mehr abgedruckt.

Übersetzung? Nö!

Zunächst zum Thema Übersetzung: Während Donaldisten immer noch das hohe Lied auf die Übertragungen von Erika Fuchs singen, hat Kunsthistoriker und Comic-Experte Alexander Braun 2023 ihre „kongenialen“ Übersetzungen genauer betrachtet – Zitat: „Von Kongenialität kann keine Rede sein“ schreibt er im Fachmagazin Alfonz – Der Comicreporter (3/2023, S.26). Fuchs habe die Absichten von Carl Barks häufig konterkariert.

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„Fuchs förderte (…) nicht die Genialität von Barks, sondern sie ersetzte sie durch eine eigene, Fuchs‘sche Vorstellung von dem, was die Enten ihrer Ansicht nach sagen sollten. Das zeugt durchaus von Kreativität, häufig von humanistischer Bildung und steckt voller witziger Bonmots („Dem Ingeniör ist nichts zu schwör“ etc.), nur hat das häufig mit Barks und der Ursprungsgeschichte nicht mehr viel zu tun. (…)“.

Barks lieber im Original

Braun schreibt weiter: „Barks‘ Geschichten im Original zu lesen ist ein Traum: einfallsreich und lustig sowieso, aber auch reich gefüllt mit klugen Hinweisen und Zitaten, häufig von kritischer Natur gegenüber dem American Way of Life.“ Leser der neuen Taschen-Veröffentlichung können sich jetzt also selbst ein Bild von der Barks’schen Sprache machen.

Donald Duck in The Pixilated Parrot. (Four Color No 282).
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Kommen wir zur zweiten Einschränkung – den fehlenden Geschichten. „Voodoo Hoodoo“ aus dem Jahre 1949 ist nicht vertreten. Und wie Andreas Platthaus in der FAZ bemerkt: „Es fehlen noch zwei andere – „Frozen Gold“ von 1945 und „Land of the Totem Poles“ von 1950.“

Warum die Stories nicht gezeigt werden, hat einen komplexen Hintergrund. Disney überarbeitet seit längerem seinen Katalog. Wegen der Nutzung stereotyper Darstellungen, die als rassistisch interpretiert werden können, werden einige Geschichten nicht mehr gedruckt – auch nicht in Gesamtausgaben oder neuen Sammlungen von Geschichten. Im Fall der neuen Taschen-Veröffentlichung werden nun also Stories gestrichen, in denen es mal um die Darstellung eines afrikanischen Volkes geht, mal um Eskimos, mal um Indianer.

Überarbeiteter Katalog

Jetzt kann man darüber streiten, ob eine kommentierte Ausgabe sinnvoller gewesen wäre. Allein: Die Entscheidung des Disney-Konzerns dürfte auch der Taschen-Verlag nicht beeinflussen können. Und so muss man bei der vorliegenden Ausgabe die entsprechenden Einschränkungen hinnehmen.

Im Anhang finden sich Angaben zu den abgedruckten Originalheften.
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Dafür bekommt man die Geschichten jetzt in einer deutlich größeren Variante, als sie ursprünglich bei Four Color oder auch in der Micky Maus oder den tollsten Geschichten von Donald Duck erschienen sind. Das steigert den Lesespaß ungemein. Schön, wie man die Zeichnungen von Barks noch besser betrachten kann, fast so, als hätte man eines seiner großformatigen Originale vor Augen.

Fazit: Wenn noch ein Denkmal nötig wäre für den Duck-Man, dann wäre dieses Buch auf jeden Fall ein geeignetes Format.

Angaben zum Buch: Disney Comics Library. Carl Barks’s Donald Duck. Vol. 1. 1942–1950. Hardcover, 28 x 39.5 cm, 4.33 kg, 636 Seiten. TASCHEN-Verlag. 175 Euro.

Und hier gehts zum Verlag: http://taschen.com

2 Kommentare

  1. Der Absatz mit „Barks‘ Geschichten im Original zu lesen ist ein Traum“ ist weitgehend doppelt, da ist Dir beim Bearbeiten wohl etwas durchgerutscht. 🙂

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