Sehr gerne möchte ich hier auf einen Film aufmerksam machen, der schon Ende 2019 erschienen ist. Es geht um ein Brüderpaar aus der Heide: Gus und Rudolph Dirks. Letzterer dient mittlerweile ja als Namensgeber für einen Comic-Preis, den auch ich bereits für unser Don Rosa-Buch gewinnen durfte. Generell aber sind die beiden dem breiten Publikum nicht bekannt. Und auch in der Comic-Szene kennen sich bestimmt nur ein paar Insider mit den Werken der Brüder aus. Umso bemerkenswerter, dass Filmemacherin Martina Fluck sich dieses Themas angenommen hat. Gemeinsam mit dem Dirks-Experten Tim Eckhorst hat sie sich auf Spurensuche gemacht. Hintergrund und Details erzählt sie uns im Interview.
(AJ) Liebe Martina, einen Film zu machen über zwei eher unbekannte Comic-Künstler ist schon recht ungewöhnlich. Wie kam es zu dem Projekt?
(Martina Fluck): Ich hörte einen Vortrag, den Tim im Kreishaus in Heide anlässlich der Eröffnung der „Kunstgriff“ Kulturtage hielt. Dort sprach er über Rudolph und Gus Dirks. Noch am selben Abend fragte ich, ob wir einen Film zusammen machen wollen und er stimmte begeistert zu. Dann ging alles sehr schnell. Wir erhielten eine Recherche Förderung von der Kulturstiftung des Landes Schleswig-Holstein sowie der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein. Diese Mittel ermöglichten uns die Reise in die USA.
Gab es keine Vorbehalte? So ein Film hat ja nicht unbedingt Aussicht auf große Resonanz?
Das sehe ich ganz anders und der Erfolg gibt mir ja recht. Dieses Thema ist vielfältig – zum einen sind da die Comic-Pioniere mit ihrer wichtigen Bedeutung für die Entwicklung des modernen Comics. Zum anderen ist dies aber auch eine tief berührende Auswanderer Geschichte, die von schwierigem Neubeginn, verzweifelten Zwiespalt und norddeutschen Familienschatten erzählt. Also alles, was ein guter Film braucht: eine tolle Geschichte.
Wie lange habt Ihr Euch mit dem Projekt beschäftigt?
Tim beschäftigt das Thema schon sehr lange. Als zeichenbegeisterter Jugendlicher hörte er erstmals von den Dirks-Brüdern und war davon inspiriert, dass diese beiden wichtigen Zeichner aus der selben Region stammen, wie er: aus Dithmarschen. Der Filmische Prozess mit Recherche, Dreharbeiten, Schnitt sowie der Buchentwicklung hat zwei Jahre gedauert.
Ich finde, dass der Film den Spagat schafft zwischen Fanboy-tum und ernsthafter, wissenschaftlicher Beschäftigtung mit dem Thema. Wann war Euch klar, dass Tim Eckhorst eine tragende Rolle einnehmen soll? Hätte das Ganze auch so gut funktioniert, wenn Tim nicht selbst Zeichner wäre?
Man braucht in einem historischen Dokumentarfilm immer auch eine heutige Ebene. Für mich ist die heutige Ebene eine Hommage an das Zeichnen an sich, an die Leidenschaft, die dahinter steckt. Deshalb war mir von Anfang an klar, dass es nicht nur den Experten Tim braucht, der uns über die Inhalte aufklärt und durch den Film führt, sondern auch den Zeichner Tim, den wir Zuschauer bei seiner Leidenschaft beobachten können.
Wie leicht war es, an die Experten und „Zeitzeugen“ zu kommen? Waren die gleich dabei?
Ich liebe es, in der USA zu drehen, da hier immer alle so begeistert dabei sein wollen. Wir haben zu einem Teil der Zeitzeugen und Protagonisten schon von Deutschland aus Kontakte geknüpft sowie Termine vereinbart. Und alle waren bereit uns ein Interview zu geben. Besonders bei Hy Eisman war unsere Freude darüber riesig. Auch bei der Verwandtschaft gab es ein großes Interesse, uns kennen zu lernen. Einer kam dafür extra aus Kalifornien angereist. Das war ein Glück für uns und eine wunderbare, berührende Begegnung.
Gibt es ein weiteres Projekt, das sich mit dem Thema Comic beschäftigt? Was können wir erwarten?
Gerne möchten wir weiter machen und haben auch schon Ideen. Nur müssen wir uns noch über die Finanzierung Gedanken machen.
Dann viel Erfolg dabei und herzlichen Dank.
Infos zum Film: Buch, Regie, Kamera Martina Fluck / Schnitt, Animation Stefan Schulze /Zeichnungen, Grafik, Animation Tim Eckhorst / Musik Felix Raffel / Übersetzung Gabriele Glang / Mit Tim Eckhorst, David Gerstein, Hy Eisman, Ruth Greene-McNally, Quentin Hardy, Douglas Hardy, Gordon M. Hardy, Barbara Barfield, Deidre O´Flaherty
Gefördert von: Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Kulturstiftung des Landes Schleswig-Holstein, Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, Filmwerkstatt Kiel © YUCCA Filmproduktion 2019
Infos zum dazu erschienenen Buch: Gestaltung, Texte, Illustrationen Tim Eckhorst / Verlag Christian A. Bachmann Verlag, Berlin © YUCCA Filmproduktion und Tim Eckhorst 2020 sowie die jeweiligen Urheber der Abbildungen.
Wer den Film bestellen möchte, kann das hier tun: https://yucca-filmproduktion.de/dvd.html
Infos aus der Pressemitteilung: Erzählt wird die Geschichte von zwei Brüdern aus Heide / Holstein, die als Kinder mit ihrer Familie in die USA auswandern. Ende des 19. Jahrhunderts versuchen die jungen Männer in New York ihr Glück als Zeichner – ein steiniger Weg, der sie zu Pionieren des neuen Mediums Comic aufsteigen lässt. Zeitungscomics sind in den New Yorker Tageszeitungen damals äußerst populär und gelten als erstes farbiges BildMassenmedium, das auch die ärmeren Bevölkerungsschichten erreicht. Die Comics begeistern zudem die zahlreichen Einwanderer, die nur gebrochen Englisch sprechen. Mit dem frechen-anarchischen Cartoon »The Katzenjammer Kids« wird Rudolph Dirks schnell berühmt. Rudolphs jüngerer Bruder Gus gilt mit seiner Reihe »Latest News from Bugville« als ein Pionier der Tiercomics. Sein Selbstmord mit 21 Jahren setzt der steilen Karriere ein Ende. Seine Figuren schreiben dennoch Comic-Geschichte und sind Wegbereiter vieler Klassiker. Mit dem Dirks-Experten und Comiczeichner Tim Eckhorst begibt sich die Filmemacherin Martina Fluck auf Spurensuche in die USA. Auf der Recherchereise kommt es zu überraschenden Begegnungen an authentischen Orten, die der Film eindrucksvoll dokumentiert, so dass ein lebendiges Porträt der Dirks Brüder entsteht. Das beigefügte reich bebilderte Buch liefert darüber hinaus umfangreiche Hintergrundinformationen zu Personen und Orten, die im Film gezeigt werden.