Isnogud: Kalif anstelle des Kalifen

Über Ausnahmeszenarist René Goscinny habe ich an dieser Stelle schon öfter geschrieben. Jetzt ist erneut eines seiner Werke neu aufgelegt worden: Isnogud – Kalif anstelle des Kalifen. Carlsen-Comics hat die Goscinny-Jahre von 1962 – 1978 in einem vierbändigen Schuber veröffentlicht. Gezeichnet von Jean Tabary ist das Ganze weit mehr als eine Zeitreise. Endlich liegt ein weiteres Juwel francobelgischer Comic-Kunst kompakt vor. Ergänzt mit einem ausgezeichneten redaktionellen Teil, der Veröffentlichungshistorie und Covern. 

Was führt er nur im Schilde? ©Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2021

Eine Geschichte um den kleinen Isnogud ist mir aus meiner Kindheit besonders im Kopf geblieben. Am Ende ist es der Kalif, der das letzte Puzzleteil findet und einsetzt. Isnogud dreht durch, hat er es doch das Ganze Heft hindurch gesucht. Denn wer das letzte Teil einsetzt und dabei an eine Person denkt, die er verschwinden lassen möchte… Den Rest können wir uns denken.

Isnogud: Kalif anstelle des Kalifen

Vermutlich habe ich diese Geschichte als Kind Dutzende Male gelesen. Dank der Neuausgabe weiß ich jetzt: Es war das Album Nummer 11 des Delta Verlags, das ich 1979 in der Hand hatte und in der Der Türkenkopf abgedruckt war. Das Album ist leider längst im Müll gelandet. Die Geschichte aber ist nach wie vor in meinem Kopf.

Isnogud: Vier Bände im Schuber. ©Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2021

„Isnoguds innigster Wunsch, Kalif anstelle des Kalifen zu werden, und die damit verbundene Polarisierung zwischen Gut und Böse sollte stets der Impulsgeber für die Reihe sein und deren Plots bestimmen. Darüber hinaus sind die Abenteuer des berühmtesten Großwesirs der Comicgeschichte eines der schönsten Beispiele für das freie Spiel von Zeit und Raum in der grafischen Literatur, und eines der lustigsten sowieso.“

Gut gegen Böse

So schreiben die Comic-Fachleute Horst Berner und Volker Hamann zu Beginn ihres redaktionellen Begleittextes. Und sie weisen darauf hin: „(…) überwiegend geht es ja um die Frage, auf welche Weise der Kalif zu Tode gebracht werden soll, also eine durchaus fragwürdige und in letzter Konsequenz brutale Vorgehensweise. Die allerdings – durch Goscinny Genialität für wendungsreiche und pfiffige Geschichten –  darauf hinausläuft, dass erzählt wird, wie sich das Komplott des schändlichen Großwesirs gegen seinen Verursacher wendet.“

Ein Möhrchen für Isnogud. ©Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2021

Dass ich eine Vorliebe für Sekundärliteratur und die Entstehungsgeschichte von Comics habe, erwähnte  ich bereits. Dass sich bei der vorliegenden Ausgabe Horst Berner und Volker Hamann zusammen gefunden haben ist ein Glücksfall. In jedem der vier Bände haben sie eine Fülle an Informationen zusammen getragen. Skizzen, Fotos und Cover runden das Ganze ab.

Comics und ihre Entstehungsgeschichte

Beide Autoren bringen ihre jahrzehntelange Erfahrung in die Texte ein. Und was eingeweihte Leser von Volker Hamanns Fachzeitschrift Reddition kennen, finden sie auch hier. Ausführliche bibliografische Angaben zu jeder Geschichte. Für Sammler eine wahre Fundgrube.

Werbeplakat aus dem Jahr 1965. ©Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2021

Aber natürlich sind auch die Geschichten selbst ein Genuss. Einmal mehr wird deutlich, wie einzigartig René Goscinny zeitlebens war. Als Autor von Asterix und Lucky Luke hat er die Comicwelt nachhaltig geprägt. Mit seiner etwas unbekannteren Serie Isnogud hat er sich selbst Freiräume geschaffen. In der Welt aus Tausendundeiner Nacht konnte er experimenteller arbeiten – vielleicht auch anarchischer als in den beiden anderen Reihen. 

Freiraum für Goscinny

Genau diese Welt aus Tausendundeiner Nacht war der ideale Nährboden für den „Wortzauberer Goscinny“, meinen auch Horst Berner und Volker Hamann. Und René Goscinny selbst sagte einmal: „Bei Isnogud habe ich mich dazu entschlossen, mich meinem liebsten Laster hinzugeben: die Erfindung der schrecklichsten Wortspiele.“

Cover von Sammelband 3. ©Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2021

Mit Zeichner Jean Tabary hatte Goscinny bereits bei der Serie Valentin, der Vagabund zusammen gearbeitet. https://comic-denkblase.de/valentin-der-vagabund-der-unbekannte-goscinny Nach Goscinnys Tod 1977 zeichnete Tabary alleine weiter. Inzwischen setzt sein Sohn Nicolas die Reihe fort. 

Fans der klassischen Geschichten sollten unbedingt zugreifen. Auch wenn das Ganze natürlich seinen Preis hat: in solch gelungener Aufmachung sind die Geschichten um Isnogud und den Kalifen ein must-have für jeden Comicfreund und -Sammler.

5 von 5 Comic-Denkblasen

Angaben zum Buch: Isnogud-Schuber. Die Goscinny-Jahre. Autor: René Goscinny. Zeichner: Jean Tabary. Vier Bände im Schuber. Hardcover, farbig. Insgesamt 704 Seiten. Carlsen-Verlag. 159,-€ 

Und hier gehts zum Verlag: https://www.carlsen.de/comics

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