Wilhelm-Busch-Preis 2021 für Mawil

„Das Internet steht gerade nicht still“, meint der frisch gebackene Wilhelm-Busch-Preisträger Mawil. Soeben ist er mit der Auszeichnung für sein Lebenswerk geehrt worden. Der Wilhelm-Busch-Preis wird alle zwei Jahre von der Stiftung Sparkasse Schaumburg, der Schaumburger Landschaft und den Schaumburger Nachrichten verliehen. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert. In all dem Trubel fand Mawil kurz Zeit, für ein kleines Interview mit der Comic-Denkblase.

Mawil im Selbstporträt. ©Mawil
(AJ) Lieber Mawil, Du wirst mit dem Wilhelm-Busch-Preis für Dein „Werk“ ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch dafür! Ist das für Dich Ehre oder Last?

(Mawil) Ich freu mich erstmal sehr. Der eigene Anspruch an das nächste Buch ist sowieso immer da.

Für den „Lebenswerk“-Preis bist Du ja noch recht jung. Wie überraschend ist die Auszeichnung für Dich?
Sehr überraschend. Ich dachte, dazu muss man mindestens 70 sein oder so.
 
Mawil mit seinem Alter-Ego Supa-Hasi. ©Karoline Bofinger
Jetzt stehst Du in einer Reihe mit Loriot, einigen Zeichnern der Neuen Frankfurter Schule, aber auch mit Ralf König und Isabell Kreitz. Wie fühlt sich das an?

Lustig. So wie früher, wenn man ausnahmsweise mal mit den grossen Kindern länger aufbleiben
durfte oder auf Erwachsenenpartys geduldet wurde.

 
Auf der ARD-Buchmessen-Bühne 2019. ©privat
Es gibt nicht nur Ehre, sondern auch Geld. 10.000 Preisgeld sogar: Was machst Du damit?

Hier ist noch nix davon angekommen. Ich glaub das erst, wenn ich das auf meinem Konto sehe.Vielleicht sollte ich mal langsam in eine private Rentenvorsorge investieren, bevor das alles für Windeln und Corona-Hilfe verprasst wird ? Ich denke, einen Teil von solch einem nicht einkalkulierten Betrag zu spenden ist auch ganz gut fürs Karma. Also nicht gerade George Best-Lifestyle.

Lucky Luke? ©Mawil 2019
Da die Jury ja hervorhebt, dass der Ausgezeichnete in der Tradition von Wilhelm-Busch steht: Welche Verbindung siehst Du zwischen ihm und Dir? 

Wir hatten früher zuhause so ein dickes Wilhelm-Busch-Album vom Kinderbuchverlag Berlin und ich hab mir immer alles mit Bildern drin angeguckt und gar nicht kapiert, dass diese Comics schon 100 Jahre auf dem Buckel hatten. Die Welt sieht inzwischen natürlich voll anders aus. Aber wie sich die Menschen so im Alltag verhalten, das hat er sehr genau, zeitlos und allgemeingültig getroffen. Und sowas würde ich auch gerne irgendwie hinkriegen.

Der erste Lucky Luke aus deutscher Feder. ©Egmont Media GmbH Berlin 2019
Viele Fans warten sicher schon gespannt. Was können wir demnächst von Dir lesen?

Während des Lockdowns hab ich hier parallel an mehreren Kinderbüchern und einem mittellangen Kindercomic geschrieben, gestoryboardet und prokrastiniert und bin selbst am meisten gespannt, was davon als erstes fertig wird. Aber Herbst 2021 soll was erscheinen – sagt mein Verlag.

Vielen Dank und nochmals Herzlichen Glückwunsch!

Und hier nochmal mein Text zum Erscheinen von Mawils Lucky Luke-Hommage: https://comic-denkblase.de/lucky-luke-sattelt-um

Kinderland – Der Durchbruch für Mawil?! ©Mawil/Reprodukt
Die Begründung der Jury des Wilhelm-Busch-Preises:

 Mit Mawil ehrt die Jury in diesem Jahr einen national wie international höchst angesehenen, aber vor allem auch viel gelesenen Comic-Künstler, dessen Auszeichnung für den Wilhelm-Busch-Preis in mehrfacher Hinsicht eine Wegscheide markiert. 

So wird mit dem 1976 geborenen Markus Witzel erstmals ein Zeichner geehrt, der auf eine Veröffentlichungshistorie seiner Werke zurückblicken kann, die komplett in das 21. Jahrhundert fällt. Er steht zudem für eine neue Künstler-Generation, die selbstbewusst die Hochschulen für eine ausgewiesene Comic-Ausbildung für sich erobert hat. Im Fall von Mawil war das die Kunsthochschule Berlin-Weißensee, wo er auch Teil der Monogatari-Gruppe war, der neben ihm Comic-Schaffende wie Jens Harder oder Ulli Lust angehörten, die bis in diese Tage wichtige Protagonisten der deutschsprachigen Comic-Szene sind. 

Die DDR und Mawil – eine prägende Verbindung

Mawil ist auch der erste Wilhelm-Busch-Preisträger, der in der DDR geboren wurde, wo er seine Kindheit in Ost-Berlin in einer religiös geprägten Familie verbrachte, die den Alltag in kritischer Übereinkunft mit den Erwartungen der sozialistischen Herrschaftsordnung organisieren musste. Von dieser Zeit erzählt auch sein – in Teilen klar autobiographisch konnotiertes – Comic-Schaffen. Allen voran die preisgekrönte Graphic Novel „Kinderland“ von 2014, die zur Zeit des Mauerfalls spielt und für Mawil mit zahlreichen Übersetzungen, darunter einer vielbeachteten französischen Ausgabe, den endgültigen internationalen Durchbruch markierte. 

Mawils Frühwerk. ©Mawil/Reprodukt

Alle seine Comics zeichnet bereits beginnend mit seinen Frühwerken „Strandsafari“ und „Wir können ja Freunde bleiben“ ein gleichzeitig sehr lockerer wie auch ungemein stilsicherer Zeichenstrich aus – der ganz spezielle Mawil-Stil. Der Künstler selbst siedelt diesen zwischen klassischem Funny und spontanem Krakel an. Die Zeichnungen strahlen so eine ungekünstelte Authentizität aus, die perfekt zu den sehr persönlichen Inhalten seiner Werke passt. 

Klassischer Funny und spontanes Krakeln

Das bestätigen ganz besonders seine opulenten Comic-Sonntagsseiten, die von 2006 bis 2019 im Berliner „Tagesspiegel“ erschienen. Hier konnte er sich – gepaart mit einer unglaublichen Detailfülle in den Zeichnungen – nicht nur in die Tradition der großen amerikanischen Zeitungs-Comics stellen, sondern eroberte sich mit diesem grandiosen Comic-Schaufenster schon in jungen Jahren ein veritables Massenpublikum. 

Das galt erst recht, als Mawil vor zwei Jahren als erster deutscher Comic-Künstler die franko-belgische Traditionsserie „Lucky Luke“ für ein Album übernahm und dem Westernhelden gleich einen Sattelwechsel verpasste – runter von Jolly Jumper und rauf auf einen Drahtesel. Wie er diese sich überraschend gut in das Setting des Originals einpassende Aufgabe bewältigte und gleichzeitig einen authentischen Mawil-Comic ablieferte, unterstreicht die Meisterschaft dieses Künstlers, von dem auch in den nächsten Jahren sicherlich noch Großes zu erwarten ist. Humor, Vielseitigkeit und der genaue Blick auf den menschlichen Alltag zeichneten auch Wilhelm Busch aus. Mawil tritt – ganz in diesem Sinne – würdig in seine Nachfolge. 

Hier gehts zu Egmont:https://www.egmont-shop.de/?gclid=EAIaIQobChMIwvvc2d7Z7gIVke7tCh2aLw3yEAAYASAAEgJxJvD_BwE

Und hier zu Reprodukt: https://www.reprodukt.com

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