Der Buddha von Berlin – vom Zeichner aus Mainz

Der Mainzer Zeichner Sascha Dörp ist stilistisch in vielen Welten unterwegs. Als Kind der 1980er Jahre hat er zuletzt einige Comics in grellen Farben und im Look der damaligen TV-Serien veröffentlicht (Matt Eagle etwa). Jetzt legt er eine Arbeit vor, die gemeinsam mit seinem Vater entstanden ist und ein gänzlich anderes Erscheinungsbild hat. Berlin kurz nach Beginn des letzten Jahrhunderts. Entstanden ist ein rasanter Krimi mit augenzwinkerndem Ende.

Ein Krimi vor historischer Kulisse. ©2021 der deutschsprachigen Ausgabe Comic Combo Leipzig
(Alex Jakubowski) Lieber Sascha, so wie ich das sehe, ist das die erste Comic-Zusammenarbeit mit Deinem Vater. Wie kam es dazu?

(Sascha Dörp) Der Buddha von Berlin markiert zwar die erste Comic-Zusammenarbeit mit meinem Vater, unsere erste „literarische Kollaboration“ stammt aber aus dem Jahr 1995. Sie hörte auf den Namen Billy Jenkins – Leben im Whisky-Glas und war eine Sammlung von Kurzgeschichten, von meinem Vater verfasst und von mir in feinstem Mordillo-Stil illustriert. Diese Kombination kam allerdings bei damaligen Verlagen nicht gut an und so haben wir das Buch in Eigenregie veröffentlicht.

Auch später haben wir immer wieder an gemeinsamen Projekten gearbeitet. Als ehemaliger Deutschlehrer arbeitet mein Vater viel wissenschaftlich, wozu ich immer wieder beitragen durfte. Von der einfachen Illustration über ein Buchcover, der Gestaltung einer Website bis hin zum inhaltlichen Beitrag.

Mein Vater war und ist immer schon sehr interessiert an meinen Comic-Arbeiten gewesen. Dass er mir allerdings ein Szenario schreiben würde, war für mich dann aber doch eine große Überraschung.

Cover des Buddhas… ©2021 der deutschsprachigen Ausgabe Comic Combo Leipzig
Die Hauptfigur ist der Polizist Gennat. Wo ist Euch diese Figur über den Weg gelaufen?

2015 schilderte ich meinem Vater ein mögliches Graphic Novel Projekt: GROSSMANN – die wahre Geschichte eines Berliner Serienmörders, der in den 20er Jahren in der Gegend rund um den Schlesischen Bahnhof (heute Ostbahnhof) sein Unwesen trieb. Aus dem Projekt sollte nichts werden – es ist zur Zeit aber Teil der Ausstellung „Unveröffentlicht – Die Comicszene packt aus!“ in der Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen (mehr dazu hier demnächst auf diesem Blog). Bei den Recherchen dazu stiess ich jedoch auf die historische Person des Kriminalkommissars Ernst Gennat. Dieser hatte in den 1910er und 1920er Jahren die Grundsteine für die moderne Mordermittlung gelegt. Ich erzählte meinem Vater davon, vergass die Person aber, als ich das Projekt ad acta legte. Zwei Jahre später fand ich unangekündigt eine Email von meinem Vater im Postfach. Ich fiel aus allen Wolken: Er hatte „hinter meinem Rücken“ die Geschichte vom Buddha von Berlin geschrieben und rief mich im selben Moment feixend an. Der Coup war ihm geglückt. Die Figur des Gennats hatte ihn interessiert und die Mischung aus Recherche und kreativem Schreiben sprach ihn an.

Gennat in vollem Einsatz. ©2021 der deutschsprachigen Ausgabe Comic Combo Leipzig
Kurz zusammengefasst: Worum geht es?

Der Buddha von Berlin handelt vom ersten Arbeitstag des noch jungen Kriminalisten Ernst Gennat im Jahr 1905. Auf dem Weg zur Arbeit löst er schon seinen ersten Fall, wird im Büro aber mit einer noch härteren Nuss konfrontiert, was in einer atemlosen Hetzjagd durch Berlin bis nach Potsdam mündet.

So leicht erinnert mich das Setting an Babylon Berlin. Zufall?

Bei den Recherchen zu GROSSMANN habe ich neben Geschichtsbüchern auch einige Romane mit Protagonisten aus jener Epoche gelesen. In einer Buchhandlung legte man mir die Gereon Rath-Reihe von Volker Kutscher ans Herz, die später als Babylon Berlin verfilmt werden sollte. Ich kannte die Bücher, währenddessen mein Vater keinen der Romane gelesen hat. Und da sein Skript bereits 2017 vor der ersten Staffel der Fernsehserie seinen Weg zu mir fand, gehe ich davon aus, dass sämtliche Ähnlichkeiten zufälliger Natur sind – bzw. auf den historischen Personen beruhen. Aber: Unsere Geschichte spielt 1905 in der Kaiserzeit, also einige Jahre vor Babylon Berlin.

Der Alex im Buddha von Berlin. ©2021 der deutschsprachigen Ausgabe Comic Combo Leipzig
Stilistisch unterscheidet sich der Buddha schon sehr von anderen Deiner Comics. Die 1980er Jahre hätten ja in der Tat nicht gepasst. Wie schwer ist Dir die Umstellung gefallen?

Ich bin ja gelernter Grafiker und als solcher immer erst dem zu transportierenden Inhalt und dann der Optik verpflichtet (klingt für einen Grafiker paradox, ich weiss). Auf Messen mache ich oft die Erfahrung, dass man mich hinter meinem Tisch für den Verlagschef oder Kurator hält, so unterschiedlich sind meine Sachen. Das ist aber der Tatsache geschuldet, dass ich mich grundsätzlich für eine Darstellung entscheide, die die Geschichte unterstützt. Das fiel mir beim Buddha sehr leicht, zumal ich mich bei der Kolorierung auf Farben beschränken konnte, die ich von diversen Jugendstil-Plakaten gemopst habe.

Was für Insider: Die Figur auf dem dritten Panel auf Seite 40 erinnert mich stark an Professor Bienlein. Irre ich mich?

Jetzt wo du’s sagst! Wundert mich aber nicht: Ich betrachte den Buddha als Hommage an die Tim & Struppi-Alben meiner Jugend im Stil der „Ligne pas Claire“. Da hat wahrscheinlich mein Unterbewusstsein den Stift geführt.

Ist das etwa Professor Bienlein? ©2021 der deutschsprachigen Ausgabe Comic Combo Leipzig
Wird es mehr Comics von Dir und Deinem Vater gemeinsam geben?

Aktuell existieren noch eine Buddha-Kurzgeschichte sowie Ideen für ein weiteres Album. Mein Vater hat allerdings noch ein paar Projekte, die er davor abarbeiten möchte. Und da der Mann in diesem Jahr 80 wird, ist es leider nicht ausgeschlossen, dass es vielleicht nicht mehr dazu kommt. Wünschen würde ich es mir aber!

Eine Besonderheit möchte ich nicht unerwähnt lassen: Der Buddha von Berlin erschien zunächst als Fortsetzungsgeschichte in der kleinen, aber feinen Anthologie WHOA“ Comics vom PLEM PLEM Verlag. Aus diesem Grund produzierte ich den Comic auch über drei Jahre kapitelweise und nicht in einem Rutsch.

Vielen Dank und weiter viel Erfolg!

Angaben zum Buch: Der Buddha von Berlin. Text: Peter Dörp. Zeichnungen: Sascha Dörp. Hardcover, farbig, 56 Seiten. KultComics. 12,-€

Und hier gehts zum Verlag, der den Buddha veröffentlicht hat: https://kultcomics.net/

4 von 5 Comic-Denkblasen

Sascha im Selbstporträt ©Sascha Dörp

Mehr von Sascha gibt es hier: https://comiccabin.com/

Mehr Artikel über Comics mit historischem Bezug gibt es hier: https://comic-denkblase.de/die-kinder-der-resistance-spielerisch-aber-nicht-naiv oder auch hier: https://comic-denkblase.de/skizzen-einer-revolution

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert