Fantasy ist das Genre der jungen Zeichnerin Frauke Berger. Schon in ihrem Erstlingswerk Grün hat sie Organisches mit Mechanischem vermengt. Und auch in ihren anderen Büchern ist sie sich treu geblieben mit ihren fantastischen Geschichten, die auch gern in die Science-Fiction gehen. Jüngst ist mit dem vierten Band der letzte ihrer Reihe Das Schiff der verlorenen Kinder erschienen. Wie schön, dass uns Frauke Auskunft gibt über das Werk. Und auch Texter Boris Koch hat eine Antwort beigesteuert zu: Das Schiff der verlorenen Kinder.

© 2025 Splitter Verlag GmbH & Co. KG
(Alex Jakubowski) Liebe Frauke, endlich liegt mit dem vierten auch der abschließende Band von Das Schiff der verlorenen Kinder vor. Was überwiegt bei Dir: Erleichterung oder Wehmut?
(Frauke Berger) Eine Mischung aus beidem schätze ich: Ich werde es vermissen, die Charaktere zu zeichnen, es ist aber auch ein gutes Gefühl, die Serie abgeschlossen im Regal stehen zu haben. Es war ein wirklich schönes, forderndes Projekt, das aber auch einiges an Zeit vereinnahmt hat. Jetzt bin ich einfach nur gespannt, wo die Reise in Zukunft hingeht.
Für diejenigen, die die Geschichte nicht kennen: Kannst Du kurz umreißen, worum es geht?
Die Geschwister Felix und Leo müssen nach einem hitzigen Streit mit ihren Eltern feststellen, dass sie zusammen mit ihrem Kinderzimmer den Ort gewechselt haben – die Zimmertür führt nicht mehr in den heimischen Flur, sondern in die verwinkelten Gänge eines gigantischen Schiffs, welches durch ewige Dunkelheit segelt und von fiesen Kreaturen bewohnt wird. Während ihres Abenteuers treffen sie auf die Mädchen Chrissy und Asra, sodass sie sich schließlich zu viert auf die Suche machen, um einen Weg raus aus dem Nachtmeer und weg von den Monstern zu finden.

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Welche Einflüsse haben Euch leiten lassen? Wenn ich das sagen darf: So ein bisschen Harry Potter meine ich zu erkennen, aber auch Fünf Freunde – oder sind das halt so klassische Abenteuer-Geschichten, auf die man als Leser irgendwie immer kommt?
Da die Geschichte aus der Feder von Boris stammt, kann ich mich nur konkret zu den Einflüssen beim Zeichnen äußern. Für mich ist es im Kern eine Abenteuergeschichte mit klassischen Themen wie Freundschaft, Mut und Tapferkeit – aber auch eine sehr emotional aufgeladene Reise, bei der die Kinder trotz der fantastischen Kulisse mit sehr weltlichen Problemen zu kämpfen haben, welche auch ihren angemessenen Platz in der Geschichte bekommen.
Beim Design der Kinder habe ich darauf geachtet, dass sie im Monstergewusel „lesbar“ bleiben. Die Fantasiewesen sind eine bunte Mischung aus klassischen Märchengestalten, popkulturellen Verweisen, persönlichen Alptraumerscheinungen und einer Portion Bodyhorror. Da die Geschichte von Boris mir an diesem Punkt viel Freiheit gelassen hat und es inhaltlich Sinn macht, die Schar an Kreaturen möglichst divers zu halten, habe ich mich nicht sonderlich eingeschränkt.

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(Boris Koch) Tatsächlich weiß man als Autor nicht immer, was einen (auch unterbewusst) beeinflusst. Im Endeffekt ja alles, was man je gelesen, gesehen und erlebt hat … Von den klassischen (Abenteuer-)Geschichten wären es bei mir eher Peter Pan (daher auch die Bezeichnung Nimmersee im Comic) oder (wegen des Meeres) Die Schatzinsel. Vielleicht noch Krabat, Huckleberry Finn oder Krieg der Knöpfe, wo die Hauptfiguren keine Hilfe von ihren Eltern erwarten können – im Gegenteil. Also Bücher, die sich trotz junger Hauptfiguren, nicht ausschließlich an Kinder richten, vielleicht sogar stärker an Erwachsene. Dazu kommen Werke wie Stephen Kings Es und klassische Monstergeschichten. Von Fünf Freunde habe ich nur sehr wenige Bände gelesen (ein oder zwei), während ich Harry Potter recht gut kenne. Trotzdem habe ich mich nicht daran orientiert – zumindest nicht bewusst. Denn auch wenn Harrys Eltern tot sind, so sind sie positiv besetzt. Ebenso Dumbledore, Rons Eltern und viele andere Erwachsene. Das ist etwas, was unserem Schiff der verlorenen Kinder ja gänzlich fehlt …
Ihr arbeitet nach Die Schöne und die Biester erneut zusammen. Wie gestaltet sich Eure Zusammenarbeit? Frauke, verrate uns etwas aus dem Nähkästchen …
(Frauke Berger) In erster Linie tatsächlich einfach sehr entspannt und reibungslos: Wir besprechen, ob sich eine Idee für den Comic eignen könnte, was wir uns dabei vorstellen können und welche Komponenten bereits feststehen – dann bekomme ich von Boris die Geschichte und darf mich austoben. Dabei übernehme ich zentrale Designs, plot-relevante Details und schon im Vorfeld bestehende Vorstellungen/mögliche Inspirationsquellen von ihm, habe aber viel Freiheiten beim Paneling, Farben und der allgemeinen Ausgestaltung. Ganz besonders toll finde ich es dabei, dass bei der Serie hier und da ein Detail aus dem Vorgängerband den Folgeband beeinflusst hat.

Du hast beim Splitter-Verlag schon einige Alben veröffentlicht. Dieses Mal habt Ihr das kleinere Format gewählt. Warum?
Ich persönlich finde es einfacher, bequemer zu lesen. Das Format kommt mir aber auch beim Zeichnen entgegen. Für Die Schöne und die Biester habe ich das erste Mal probiert, die Seiten größer als das Endformat anzulegen – das ging mit meinen Werkzeugen nur leidlich, das Endergebnis hat für mich den Mehraufwand nicht rechtfertigen können und letzten Endes hat die Übersicht stark darunter gelitten. Ein paar sehr detailreiche Seiten oder Spreads sind auch für die Serie im Original größer angelegt – das geht im book-Format aber deutlich einfacher und ohne viel Klebeband und zerschnittenes Druckerpapier.
Sicherlich hast Du schon die nächsten Stories in der Schublade, oder? Verrätst Du uns, woran Du derzeit arbeitest und worauf wir uns bald freuen können?
Nach der Abgabe des letzten Bandes musste ich mir etwas Zeit für Liegengebliebenes nehmen, was wenig mit Comics zu tun hat. Zurzeit arbeite ich nebenbei an einer kleinen Steampunk/Western-Serie mit Falko Kutz. Zwei weitere Comicprojekte deuten sich am Horizont an, aber da gibt es noch nichts Handfestes, von dem ich berichten könnte.

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Mehr zu Fraukes Comics findet Ihr auch hier: Auf einen Kaffee mit…
Oder hier: Die Schöne und die Biester
