Wow! Der Jugendliteraturpreis für Games

Etwas überraschend, aber völlig verdient: Games von Patrick Oberholzer ist auf der Frankfurter Buchmesse mit dem Jugendliteraturpreis ausgezeichnet worden. Schon länger hatte ich vor, mit Autor und Zeichner Patrick ein Interview zu führen. Jetzt haben wir nochmal einen schönen Anlass dafür gefunden. Herzlichen Glückwunsch: Der Jugendliteraturpreis für Games.
Der 11. September lässt grüssen. ©Splitter-Verlag
(Alex Jakubowski) Lieber Patrick, herzlichen Glückwunsch erst einmal. Dein Buch ist Ende 2023 erschienen. Und jetzt, ein Jahr später, hat es den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Sachbuch gewonnen – Wahnsinn, oder?
(Patrick Oberholzer) Ja, das ist eine unglaublich schöne Auszeichnung. Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet, denn die Konkurrenz war sehr stark. Auch sonst waren die Reaktionen sehr positiv.
In Games verwendest Du fünf Erlebnisberichte von Geflüchteten und erzählst dadurch ihre Geschichte, aber auch die von Afghanistan. Wie kommt es zu diesem Projekt?
Der Wunsch, eine Graphic Novel oder einen Comic zu gestalten, begleitet mich schon das ganze Leben. Die Idee fasziniert mich, statt vieler losgelöster Einzelbilder ein zusammenhängendes „Werk“ zu schaffen. Dafür braucht man viel Zeit, Hingabe und eine starke Idee. Diese Idee hat mir lange Zeit gefehlt. Und tatsächlich kam es dann zu diesen einen wichtigen Moment, der das Projekt ins Rollen gebracht hat: Als ich auf einer Geburtstagsfeier einen jungen Afghanen kennengelernt habe. Er hat von sich aus ein bisschen von seiner Flucht erzählt – ich wagte damals aber nicht, weiter nachzufragen. Es dauerte danach einige Zeit, bis ich realisiert habe, dass das komplexe Thema Flucht sich unglaublich gut eignen würde, als Graphic Novel erzählt zu werden. Ich kontaktierte meinen Bekannten von der Geburtstagsfeier und so kam es zum ersten von vielen Interviews in diesem Projekt.
 
Das Cover. ©Splitter-Verlag.
Games ist irgendwie eine Mischung aus Comic und Sachbuch. Du hast viele Erklärgrafiken eingebaut. Warum hast Du Dich für dieses Konzept entschieden?
Das Medium Graphic Novel eignet sich unglaublich gut, um emotionale und komplexe Themen einfach zugänglich zu machen. Auf kompaktem Format ziehen einen bunte, dynamische Bilder und prägnante Texte und Grafiken in eine Geschichte hinein – und ehe man es merkt, hat man etwas dazugelernt. Das kann man etwas zugespitzt „Infotainment“ nennen. Aber mal ehrlich: Nur wenige Menschen würden, einfach so, ein dickes Buch zum Thema Flucht lesen. Man erreicht so also eine breitere Leserschaft. 
Kannst Du uns verraten, wie Du arbeitest? Im Buch sind Skizzen abgebildet, aber ich nehme an, dass Du überwiegend digital arbeitst?
Im Anhang meines Buchs zeige ich Schritt für Schritt, wie die Interviews zur fertigen Story und die Bleistiftskizzen zu fertigen Bildern geworden sind. Die ersten Skizzen, die ich immer von Hand zeichne, sind für mich unglaublich wichtig. Sie sollen energiegeladen sein und dürfen noch viel der Fantasie überlassen. Danach wechsle ich je nach Bedarf zum Grafiktablett und zeichne digital weiter, oder bleibe noch in der analogen Welt und zeichne die Vorzeichnung von Hand fertig. Farbe und Tusche kamen bei diesem Projekt immer digital dazu. Das gab mir die nötige Flexibilität, um auch nachträglich Grafiken und Texte hinzufügen und neu arrangieren zu können. 
 
Eine der vielen Erklärgrafiken. ©Splitter-Verlag
Wenn man die politische Debatte um das Thema Migration verfolgt, dann kann man den Eindruck gewinnen, dass Dein Buch an Bedeutung gewonnen hat, oder?
Ja, das Thema Migration wird wohl noch lange Zeit in den Schlagzeilen bleiben. 
Was erhoffst Du Dir von Deiner Veröffentlichung?
Die aktuellen politischen Debatten werden laut und polemisch geführt. Zielführend ist das nicht. Um gemeinsam gute Lösungen zu finden, braucht es einen offenen, gut informierten und sachlichen Diskurs. Meine Hoffnung ist, dass dieses Buch einen kleinen Teil dazu beitragen kann.
Hast Du schon ein neues Projekt in Arbeit?
Games war ein Riesenprojekt. Es hat mich zwei Jahre lang beschäftigt, mal mehr, mal weniger. Aktuell finde ich Freude an kleineren, in sich geschlossenen Arbeiten, bei denen ich wieder experimentieren darf. Einzelbilder, vielleicht eine Ausstellung. Mal schauen.
 
Zeichner und Autor Patrick Oberholzer ©Agentmedia
Angaben zum Buch: Games. Autor/Zeichner: Patrick Oberholzer. HC, Farbe. 96 Seiten. Splitter-Verlag. 22 Euro. 

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