Er zeichnet nur das Nötigste, seine Panel sind reduziert und markant. Wer bei seinen Figuren Augen oder Münder sucht, sucht oft vergebens. Und dennoch schafft er es, ihnen Ausdruck zu verleihen. Nicolas Mahler zeichnet seine Protagonisten als neue Form der Strichmännchen. Lakonisch und pointiert. So schafft er es, hunderte Seiten Weltliteratur auf wenige Seiten Comic einzudampfen. Nichts ist auf seinen Seiten zuviel. In schöner Regelmäßigkeit produziert der Wiener seine Bücher. Soeben ist „Akira Kurosawa und der meditierende Frosch“ erschienen. Kurz vor Eröffnung der Ausstellung „Nicolas Mahler zeichnet Artmann, Bernhard, Jelinek, Musil & Joyce“ im Literaturhaus Leipzig, hat er sich Zeit genommen für ein kleines Interview: Neues vom Comic-Minimalisten: Nicolas Mahler.
Im aktuellen Comic beschäftigst Du Dich im Weitesten Sinne mit dem System, in dem Du selbst veröffentlichst. Wie würdest Du Dein Verhältnis zu diesem System beschreiben?
Ich weiß jetzt nicht genau, welches System du meinst. System Mensch? System Buchmarkt? Oder System Comic? Aber eigentlich ist es egal, es ist auf jeden Fall gestört.
Viele Deiner Bücher sind Adaptionen von Literaturklassikern. Nach welchen Kriterien wählst Du diese aus?
Wenn sie mich in irgendeiner Weise erheitern, ist das schon ein großes Plus. Mich erheitert ja nicht so viel. Und bei den Dingen, die mich irgendwie erheitern, da kralle ich mich gleich fest.
Was hat sich bei Deiner Herangehensweise verändert, seitdem Du damit begonnen hast?
Die ist immer verschieden, es zeichnet sich aber immer mehr ab: Das Zeichnen nervt mich. Viel lieber wühle in ich den Materialbergen und hoffe, dass ich ein paar gute Brösel finde, an denen ich mich erfreuen kann.
Ist die Ehrfurcht vor dem „Ursprungs-Werk“ gewichen?
Ehrfurcht find ich sowieso blöd. Respekt kann man schon haben, aber Ehrfurcht? Furcht kenn ich, aber Ehrfurcht?
Wie leicht fällt es Dir, Dich auf das Wesentliche zu reduzieren und Beiwerk wegzulassen?
Leicht! Wenn man seine Texte selbst schreibt, muss man ja auch viel kürzen. Das fällt oft sehr schwer. Wenn den Text ein Anderer geschrieben hat, ist es viel leichter. Da macht es sogar Spaß.
Kannst Du uns einen Einblick geben in Deinen Arbeitsprozess, Deine Routine?
Die Routine ist lesen, lesen, lesen. Denken, denken. Dann zeichnen. In dieser Häufigkeit und Reihenfolge.
Manche Panels im neuen Buch können ja durchaus selbstreferentiell gelesen werden. Daher beziehen sich die folgende Fragen auf Szenen im Buch: Welche Bücher hast Du als 16-jähriger gelesen? Und gemocht?
Schwierig, weil lange her. Damals hab ich alles gelesen, was sperrig ist, um mich von den Gleichaltrigen abzugrenzen. Hab ichs verstanden? Bestimmt nicht. Teilweise hab ich auch mehr die Zeilen und Seiten gezählt als auf den Inhalt zu achten. Aber irgendwas muss man ja tun.
Wolltest Du wirklich Fix und Foxi-Zeichner werden?
Ja! Das hat aber nicht funktioniert. Dafür war ich einfach zeichnerisch zu schlecht. Ich hab ja schon für meine Probeseite ca. zwei Monate gebraucht und gut war sie trotzdem nicht. Rückblickend muss ich sagen: zum Glück! Für Kunst hats gereicht.
In welchem Ruf stehst Du, wenn Du signierst? Bekommst Du die Erwartungshaltung der Fans mit?
Kommt auf die Fans an. In der Literaturszene sind sie über alles glücklich, da ist ja alles, was über eine Signatur rausgeht eine Sensation. Die Comicsignatursammler mit ihren Linealen („Wer hat die größte Originalzeichnung abgestaubt?“) sind strenger und manchmal bestimmt enttäuscht, weil ich nicht aquarelliere.
What is your dream?
Die merk ich mir leider fast nie.
Welche kryptische Botschaft wünschst Du Dir von Deinen Lesern?
Ich will das jetzt nicht herausfordern.
Hast Du ein Notizbuch? (Welchen Titel sollte es am besten tragen?)
Ja einige. Kleine für unterwegs und große dicke für zuhause. Sehr wichtig!
Ab dem 10. März sind Werke Mahlers im Literaturhaus Leipzig zu sehen. Mahler im Literaturhaus Leipzig
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