Vier Tage voller Begegnungen, Überraschungen, Eindrücke und – natürlich Comics. Der Comic-Salon in Erlangen war auch dieses Mal wieder eine rappelvolle Veranstaltung, bei der sich die Szene trifft und austauscht. Und die einen ganz beseelt nach Hause schickt. Ob Klassentreffen die richtige Beschreibung ist? Denn wer ist schon nach einem Klassentreffen so müde und glücklich wie nach dem Comic-Salon? Das war der Comic-Salon Erlangen 2024.
Wenn ich nach Erlangen fahre, treffe ich natürlich Vorbereitungen. Termine werden gemacht, Auftrittszeiten notiert, Koffer gepackt. Welcher Zeichner kommt wann an welchen Stand? Welche Veranstaltung will ich besuchen, welche Ausstellung angucken? Habe ich meine eigene Sammelliste dabei? Denn möglicherweise kann ich ja die ein oder andere Lücke in meiner Sammlung schließen, auf der Comic-Börse am Sonntag?
Alles dabei?
Aber bis dahin ist ja noch drei Tage Zeit. Erst einmal gilt es anzukommen. Die Wettervorhersage macht Zicken. Starkregen ist angesagt. Auweia – der Salon findet doch wieder in den großen Zelten statt. Mitten in der Stadt. Ob die das aushalten? Nach der Hitze vor zwei Jahren jetzt also Wasser? Oh Mann.
Aber zum Glück kann sich auch eine Vorhersage mal vertun. Erlangen wird verschont. Und der leichte Regen stört nicht wirklich. Am Ende kommen dieses Mal mehr als 30.000 Freunde der Neunten Kunst. Schlängeln sich durch die drei großen Zelte im oder vor dem Schlossgarten. Besuchen Vorträge oder Ausstellungen.
Lesung mit Ralf König
Für mich beginnt der Salon Donnerstag Vormittag mit der Anreise. Auch in diesem Jahr darf ich ein paar Veranstaltungen moderieren. Am Abend stehen Lesung und Gespräch im E-Werk an. Ralf König präsentiert sein neues Buch, Harter Psücharter. Aber erst einmal geht’s zur Anmeldung, wo Annika und ihre KollegInnen einen tollen Job machen und mir meine Unterlagen ausgeben.
Schon auf dem Weg rüber zum Zelt laufen mir zwei Bekannte über den Weg. Alle freuen sich, sind etwas aufgeregt. Man spürt es direkt: Erlangen ist mehr als eine Messe. Erlangen ist Leidenschaft für ein gemeinsames Hobby – oder (bei den Zeichnern) den Job, in den man viel Herzblut steckt.
Freunde treffen
Mein erster Gang geht zu den Freunden und Kollegen vom Alfonz, dem Fachmagazin für das ich seit rund zehn Jahren schreibe. Am Stand sehe ich schon Volker, Matthias, Antje und all die anderen. Strahlende Gesichter – wie immer, wenn wir uns alle zwei Jahre sehen – und nicht nur am Telefon oder per E-Mail Kontakt haben.
Nicht dass ihr glaubt, ich hätte einfach so zum Stand laufen können. Rechts neben dem Eingang winken schon die Jungs vom Atomax aus Frankfurt, direkt daneben Oliver von Finix, mit denen ich vor Jahren die Karl-Gesamtausgabe gemacht habe. Wenn ich es nicht sowieso wüsste, wäre mir spätestens jetzt klar: Mal eben zügig von A nach B zu kommen, das ist auf dem Salon ein Ding der Unmöglichkeit.
Volles Programm
An jeder Ecke stehen Freunde oder Kollegen. Ein kurzes Gespräch hier, eine Umarmung dort. Beim Alfonz endlich angekommen, stellt mir Volker gleich Achim Schnurrer vor – ein Comic-Urgestein, schließlich hat er früher das deutsche Schwermetall herausgegeben. Ich finde es großartig, wen man hier alles trifft. Und alle freuen sich, dass endlich wieder Erlangen ist.
Die folgenden Tage vergehen genauso, wie der erste. Den ich abends mit Ralf im proppenvollen E-Werk beschließe. Schade, dass nicht alle Comic-Freunde Platz im Saal finden, denn die Lesung zu Konrad und Paul ist wirklich lustig und Ralf erzählt Anekdote um Anekdote. Und wenn er aus seinem Buch liest, werden die Figuren wirklich zum Leben erweckt. Leute: Wenn Ralf bei Euch in der Nähe liest – geht unbedingt hin.
Zeichnerinnen und Zeichner
Freitag Mittag bin ich zum Essen eingeladen. Egmont feiert 90 Jahre Donald und hat vier italienische ZeichnerInnen mitgebracht. Giorgio Cavazzano ist der bekannteste von Ihnen. Die Atmosphäre ist total entspannt, das Essen lecker. Am Rande komme ich auch mit Donald-Zeichner Ulrich Schröder ins Gespräch und weil Horst Berner (auch ein Urgestein der Szene, Übersetzer und Kenner von Lucky Luke etwa) neben mir sitzt, kommen wir aus dem Klönen nicht mehr heraus.
Wenn da nicht die Termine wären… Im Ernst: Meine Talks am frühen Abend waren intensiv und spannend. Erst zum Thema Historisches Erzählen mit Lika Nüssli, Charlotte Schallié und Tobi Dahmen. Dann zum Manga-Boom. Ein breites Spektrum mit teils sehr persönlichen Einblicken. Beide in der Orangerie vor vollem Haus.
Gala und Party
Und am Abend dann natürlich die Max- und Moritz-Gala. Auf der es so manche Überraschung gab (Besprechungen der Siegertitel folgen). Wo wir dieses Mal auf die Moderation von Hella von Sinnen verzichten mussten und der großartige Christian Gasser eine kurzweilige und sympathische Performance abgeliefert hat, vor der ich nur den Hut ziehen kann.
Auf der anschließenden Party mit dem gestifteten Freibier war die Stimmung wie jedes Jahr top. Um kurz nach zwei Uhr morgens war für mich allerdings Schluss, denn um elf warteten die italienischen Zeichner auf mich, zum Talk im Kollegienhaus. Gut, dass Kollege Harald Havas mit seinem Italienisch aushelfen konnte – und wir im voll besetzten Hörsaal nochmal 90 Jahre Donald feiern konnten.
Höhepunkte?
Höhepunkt? Klar, die Italiener auch. Aber da war dann ja noch das Interview mit Max- und Moritz-Preisträger Joann Sfar. Am Vorabend war er noch für sein herausragendes Lebenswerk geehrt worden, jetzt saß ich ihm gegenüber und konnte mit ihm über sein aktuelles Buch (Die Synagoge), über die politische Weltlage und die Bedeutung von Europa sinnieren. Was für ein Typ – so sympathisch und klug (mehr dazu demnächst hier auf dem Blog).
Ein Privileg, mit ihm reden zu können, genauso wie meine abschließenden Talks am Sonntag. Comic und Wissenschaft und die sogenannte Elefantenrunde – mit einigen Vertretern der Verlage. In der ein leicht sorgenvoller Blick auf die kommenden zwei Jahre geworfen wurde – die Bilanz für den Salon aber sahen alle durchweg positiv.
Sammlung vollständig?
Dass bei mir ein kleiner Wehrmutstropfen dazu kommt, liegt nur daran, dass ich dann doch meine Suchlisten zuhause vergessen hatte. Und ich zwar wieder mit Lücken in der Sammlung nach Hause gefahren bin. Aber dafür eine Menge anderer Comics und vor allem viele, viele tolle Eindrücke, Begegnungen und Erlebnisse im Gepäck habe, die noch sehr lange nachhallen werden. Danke, Comic-Salon Erlangen 2024!
…und du hast dich für Dirk Zöllner interessiert? Finde ich gut.
Danke für den persönlichen Einblick. Wär ich doch auch Mal noch zu einem Sfar Programmpunkt gegangen…? Aber es gibt so viel dass man leider eine Wahl treffen muss. Mit ca 150 niveauvollen Nerds Miyazakis ersten Kinofilm von 1979 ansehen und das Publikum geht -wirklich- mit war nur eins meiner vielen Highlights…!
Und die Suchliste kann man bestimmt gut auch zB in der Esslinger Sammlerecke abarbeiten, auch wenn es nicht gaaanz so das Jäger und Sammler Feeling wie bei der Börse bieten mag-! 😉