Der Comic-Salon in Erlangen ist gerade einmal ein paar Tage her. Meine Taschen sind noch voller Comics, ich hatte noch keine Ruhe, sie auszupacken. Und mein Kopf ist voller Eindrücke. Die prächtige Stimmung hält immer noch an. Erlangen ist wie ein großes Klassentreffen, hat einer gesagt. War es der Bürgermeister bei der Max- und Moritz-Gala? Trifft es das überhaupt? Vier Jahre lang ist die Szene in Erlangen wegen Corona nicht mehr zusammengekommen. Umso größer war jetzt die Freude auf allen Seiten. Aber was macht dieses Comic-Ereignis eigentlich so besonders?
Donnerstag vergangene Woche, der Koffer ist gepackt. Kurz bevor es los geht, stopfe ich noch schnell ein paar Stofftaschen mit hinein. Lucky Luke ist aufgedruckt, Spiderman – und eine von Alfonz ist auch mit dabei, dem Fachmagazin für das ich schreibe. Wer nach Erlangen fährt, der kommt nicht ohne neue Comics zurück und braucht Stauraum. Der Koffer ist zu klein für die neuen Schätze. Es sind ja nur vier Tage, da brauche ich nicht so viele Klamotten. Für die extra Taschen werde ich am Ende noch dankbar sein. Langsam verstehe ich, warum manche mit so dicken schwarzen Rollkoffern über den Salon ziehen…
Vorfreude pur
Mein Zug fährt pünktlich los. Der ICE von Frankfurt über Hanau, Würzburg bis Nürnberg. Während ich mit meiner Panzerknacker-Tasche im Abteil sitze, laufen bei Twitter die Meldungen heiß. In wenigen Stunden beginnt der Salon und die Kollegen schreiben alle, wie sehr sie sich doch freuen. Mir geht es ganz genauso. Mit jedem Kilometer, den die Bahn zurücklegt, steigt die Vorfreude.
Für mich ist es ein besonderer Salon, nicht nur, weil er vor zwei Jahren nur virtuell stattfinden konnte. Ich darf ein paar Veranstaltungen moderieren, sitze einmal selbst als Teilnehmer auf dem Podium. Ein paar Interviews mit Zeichnern sind verabredet und ich treffe die Kollegen und Freunde vom Alfonz. Und natürlich sind da noch all die Mitarbeiter von den Verlagen, die Händler und die Kreativen. All die, mit denen ich übers Jahr immer wieder telefoniere oder Emails hin- und herschicke. Jetzt aber werden wir uns treffen.
Arbeit = Spass
Um 13 Uhr bin ich mit Filip Kolek verabredet. Zum Glück ist mein Zug halbwegs pünktlich. Wir wollen uns im Schlossgarten vor Halle B treffen. Filip arbeitet für Reprodukt und viele andere Verlage. Auf seine Tipps kann ich mich meist verlassen. Er weiß, was ich gerne lese und er überzeugt mich häufig, ein Buch in die Hand zu nehmen, das ich sonst links liegen gelassen hätte.
Es ist mehr als ein Arbeitstreffen. Wenn wir telefonieren oder uns sehen, dann reden wir auch immer über Privates. Was machen die Kinder, wie ist es im Job? Es ist ein entspanntes Gespräch auf dem Rasen im Schlossgarten. Wir haben uns gerade erst begrüßt, da höre ich, dass jemand meinen Namen ruft: „Hey Jaku“ kommt es ganz aus der Nähe. Es ist der Flix, der ein paar Meter weiter im Rasen liegt und lachend aufspringt.
Stimmung? Top!
Für den aktuellen Alfonz habe ich gerade erst die Titelgeschichte über ihn geschrieben. Sein Humboldt-Tier soll im Spätsommer erscheinen – eine Marsupilami-Geschichte. Wir reden kurz über das Heft, und natürlich auch über den Salon. „Es ist so schön, endlich wieder hier zu sein“, meint Flix breit grinsend und wir bezeugen es noch schnell mit einem gemeinsamen Foto.
Ich bin erst seit wenigen Minuten auf dem Salon, aber ich fühle mich schon angekommen. Das war vor etlichen Jahren noch völlig anders. Kurz nach dem Abitur war ich zum ersten Mal auf dem Salon in Erlangen, 1990 war das. Fan war ich damals, kein Experte, wie all die anderen. Ich bin um die Stände geschlichen, an denen Verleger und Künstler saßen, von denen ich noch nicht mal die Namen wusste. Selbst wenn – ich hätte mit Sicherheit keinen von ihnen erkannt.
Von 1990 bis heute
Mit Micky Maus und Spiderman war ich groß geworden in meinem kleinen nordbadischen Dorf. Ein Schulfreund hatte zahlreiche andere Abos, die mir die Welt von Superman, Batman und der Gerechtigkeitsliga eröffneten. Klar – Asterix, Tim und Struppi kannte ich auch. Hatte sogar mal einen Band von Jeff Jordan gelesen, im Spanienurlaub mit meinen Eltern.
Irgendwann brachte mir ein anderer Klassenkamerad die ersten Bände von John Difool mit – etwas Vergleichbares hatte ich bis dahin noch nie gelesen. Damals auf dem Salon in Erlangen explodierte das Comic-Universum vor meinen Augen geradezu. Doch es brauchte noch viele Jahre, um selbst ein Teil der Szene und der Veranstaltung zu werden…
Comics, Comics, Comics…
Die knappe Stunde mit Filip ist inzwischen verflogen. So langsam will ich mal in Halle A zum Alfonz-Stand. Aber kurz vorher schaue ich noch bei Philipp Schreiber vom Verlag Schreiber & Leser vorbei. Ich will Pit kennenlernen, den neuen Presseagenten, und Philipp natürlich auch Hallo sagen.
Doch die Zeit sitzt mir etwas im Nacken. In einer halben Stunde habe ich meine erste Moderation. Gemeinsam mit Volker Hamann und Horst Berner stelle ich das Große Lucky Luke Lexikon vor. Also schnell an den Stand vom Alfonz. Dort arbeitet Volker als Herausgeber natürlich und wir hatten besprochen, dass ich ihn abhole.
Diskussionsrunden, Ausstellungen, und und und
Die Veranstaltung ist im Kollegienhaus. Wir sitzen in einem alten Hörsaal, der sich langsam füllt. 70 Interessierte sind am Ende da. Darunter auch ein paar Kinder. Und natürlich sind es die jungen Leser, die bei der Fragerunde die besten Fragen stellen: „Wer ist Euer Lieblings-Dalton? Und warum schießt Lucky Luke auf den Buchrücken mal aufs Herz seines Schattens und mal woanders hin?“ Genial!
Weil es so warm ist an diesem Wochenende, werden wir während unseres Talks ständig mit neuen Wasserfläschchen versorgt. Das Team vom Salon kümmert sich rührend. Wie ich mich überhaupt die ganzen vier Tage super umsorgt fühle. Egal was auch sein könnte, im Pressebüro weiß man Rat. Annika Gloystein sitzt mit ihren Kolleginnen hinterm Tresen und auch bei größtem Stress ist immer ein nettes Wort zwischendurch drin.
Spitzen Organisationsteam
„Das Kümmern ist uns wichtig“, sagt Annika. Das ist nicht so dahin gesagt, das fällt auch vielen Kollegen von mir auf. Es überträgt sich auf den gesamten Salon – die Grundstimmung ist einfach durchweg positiv. Irgendwie scheinen alle zu grinsen. Trotz der Hitze, und trotz der Arbeit, die vor allem die Verlage an ihren Ständen haben.
An die Zelte haben sich inzwischen alle gewöhnt. Eigentlich eine Notlösung, weil damals die alte Halle saniert wurde. Ich selbst finde die Standorte vor und hinter dem Schloss mitten in der Stadt großartig. Und dass man sich im Schlossgarten in den Schatten der Bäume legen kann, ist bei der Hitze auch nicht schlecht.
Notlösung Zelt? Quatsch…
Meine Tage auf dem Salon sind vollgestopft mit Treffen und Terminen. Freitag moderiere ich die Runde zu Comic-Fachmagazinen. Zwei Stunden später bin ich selbst Teilnehmer eines Panels. Wir reden über Blogs und Podcasts. Spannend, was Sandra Wiegratz (DerComicKlatsch) und Andreas Prill (Der Tele-Stammtisch) für Einblicke in ihre Arbeit geben. Toll, dass Markus Binder die Idee hatte, uns alle auf die Bühne zu holen.
Und dann sind ja auch noch die vielen Künstler aus dem Ausland. Vor den Signier-Ständen in den Zelten sind die Schlangen so lange wie immer. Ich selbst habe mich mit Émile Bravo (Spirou), Peter van Dongen (Blake und Mortimer), Ulrich Schröder (Disney) und Ingo Römling (Malcolm Max/Die Chroniken des Universums) verabredet. Spannend, was sie mir erzählt haben (was genau könnt ihr bald hier auf dem Blog nachlesen). Und alle so sympathisch. Ehrlich gesagt, ein Traum, dass ich mit ihnen so viel Zeit verbringen darf.
Tolle Zeichner
Ich könnte jetzt noch endlos so weitermachen. Berichten von vielen weiteren Treffen und Gesprächen mit Freunden und Kollegen. Von der Max- und Moritz-Preisverleihung oder der Party im E-Werk. Oder der abschließenden Elefantenrunde in der Aula im Schloß, und so weiter… Nicht zu vergessen, die tollen Ausstellungen, die überall in der Stadt verteilt waren.
Besonders gefreut habe ich mich natürlich über die Eisner-Ausstellung von Alexander Braun. Und noch mehr habe ich gejubelt, als Alexander den Sonderpreis der Jury bekam, für seine super Arbeit der vergangenen Jahre. Wer die Comic-Denkblase regelmäßig liest, weiß dass er Dauergast auf meinem Blog ist. Hier etwa: https://comic-denkblase.de/herzliche-gratulation-erneut-ein-eisner-award-fuer-alexander-braun
Verdiente Auszeichung
Natürlich geht es auf dem Comic-Salon um die Neuerscheinungen und Trends. Für mich persönlich aber waren es vor allem die vielen Begegnungen – geplante wie zufällige. Die netten Menschen, die alle das Interesse am Comic eint. Aber es ist am Ende dann doch viel mehr. Gemeinschaft, Begeisterung und Leidenschaft. Schade, dass wir jetzt wieder zwei Jahre auf den nächsten Comic-Salon warten müssen…
Danke an alle vom Comic-Salon in Erlangen! Aus guten Gründen vergebe ich:
10 von 5 Comic-Denkblasen
Wir sehen uns spätestens in zwei Jahren!
Hier gehts zum Comic-Salon: https://www.comic-salon.de/de