Ho ho ho – Weihnachtstipps – Teil 2

Und weiter geht es mit meinen Comic-Empfehlungen zu Weihnachten. Von Disney über experimentelle Illustrationen bis hin zu fantastischer Sekundärliteratur – wer sich für Comics interessiert, kann hier wieder spannende Bücher entdecken. Ich bin gespannt, welche Werke bei Euch am Ende unterm Baum landen werden.
©Foto: Alex Jakubowski

Wer die Comic-Denkblase schon eine Weile verfolgt, weiß, dass ich ein großer Fan von Sekundärliteratur bin. Wie schön, dass der Carlsen-Verlag jetzt Die Kunst von Jean-Claude Mézières auf deutsch veröffentlicht. Rund ein Jahr nach der französischen Ausgabe. Das Format quadratisch, der Inhalt sensationell. Was man von so einem Buch im besten Fall erwartet: tolle redaktionelle Texte über Leben und Arbeit des Künstlers. Fotos, Abbildungen, Cover, Entwürfe, Zeichnungen. Das alles in einem schönen, zeitgemäßen Layout und handwerklich gut umgesetzter Buchproduktion. Kurzum: ein Werk, das in keiner Sammlung Comic-Interessierter fehlen sollte. Zumindest dann nicht, wenn sie Lust haben, sich mehr mit den Hintergründen eines Comics und dessen Zeichner zu beschäftigen.

Und so freue ich mich auch darüber, dass das Buch sich nicht nur mit Mézières Hauptserie Valerian und Veronique beschäftigt. Sondern auch seine Einflüsse beleuchtet, seine Umgebung, seine Arbeit für den Film. Aber natürlich sehen und lesen wir viel über die beiden Weltraum-Reisenden. Einzelne Panel sind großformatig abgebildet. Man spürt förmlich, wie die Tusche aufs Papier gebracht wurde und ahnt, dass Mézières neben all der Arbeit sicherlich auch viel Spaß beim Zeichnen gehabt hat. Herrlich, wenn man sich so auf eine Reise begeben kann, ins Innerste eines Künstlers.

Die Kunst von Jean-Claude Mézières. CarlsenComics. HC, Farbe, 240 Seiten. 49,-€

Der Splitter-Verlag überrascht mich immer wieder mal mit einer unverhofften Veröffentlichung. Jetzt ist es die Adaption des bekannten Romans von John Steinbeck. Es ist kein Comic im eigentlichen Sinne. Es fehlen die Sprechblasen, auch auf Panel und Gutter wurde verzichtet. Die Geschichte wurde illustriert. Und so wie es am Ende des 424 Seiten starken Buches steht: ohne die Hilfe eines Computers. Das ist besonders bemerkenswert, da die Illustrationen von Rébecca Dautremer so aufwändig aussehen, dass ich geschworen hätte, dass sie digital bearbeitet wurden.

Das Buch jedenfalls ist ein Kunstwerk – nicht nur jedes einzelne Bild an sich. Die Texte stehen meist unter den einzelnen Bildern. Auch die Dialoge – das erinnert an Wilhelm Busch. Aber es wirkt nicht antiquiert, sondern passt zur Romanvorlage, die ja auch schon 85 Jahre auf dem Buckel hat. Der american dream wird anhand zweier Wanderarbeiter erzählt. Wie die Vorlage hat auch die illustrierte Umsetzung sechs Kapitel und ein düsteres Ende. Eine spannende Herangehensweise an den Stoff, die dazu einlädt, immer wieder vor und zurück zu blättern und einzutauchen in eine Welt, die mittlerweile weit von der unseren entfernt ist.

Von Menschen und Mäusen. Splitter-Verlag. HC, Farbe, 424 Seiten. 49,80€

Es ist ein eher kleines Format, Taschenbuch-Größe. Die Seitenaufteilung einheitlich. Sechs Bilder pro Seite – fast durchgehend bis zum Schluss. Einige wenige Bilder sind auf eine ganze oder eine Doppelseite angelegt. Der Comic ist grün eingefärbt. Es gibt keine anderen Farben, außer schwarz. Das wirkt auf den ersten Blick irritierend, stört aber auch nicht. Denn die Geschichte dürfte einen ziemlich schnell in ihren Bann ziehen.

Es geht um ein ganz normales Paar, das nach einer anstrengenden Autofahrt nach Hause kommt. Während der Autofahrt haben sich die beiden gegenseitig aus einem Buch vorgelesen. Immer wieder wechselt die Geschichte zwischen der Story im Buch und dem, was das Paar erlebt – erkennbar nur an den Panelgrenzen. Beeinflussen sich die beiden Plots gegenseitig? Was passiert mit den beiden, die sich gegenseitig vorgelesen haben? 20 Jahre lang hat Jordan Crane an diesem Comic gearbeitet. Entstanden ist ein kleines, intensives Meisterwerk, das man am Ende unbedingt noch mal lesen will.

Zwei bleiben. Suhrkamp-Verlag. HC, Farbe, 320 Seiten. 26,-€

Ist die Weihnachtszeit nicht Märchenzeit? Wie praktisch, dass Reprodukt gerade In der Haut eines Mannes aufgelegt hat. Mit einer klassischen Szene geht es auch schon los. Die junge Bianca soll vermählt werden und natürlich sucht ihr Vater den künftigen Bräutigam aus. „Es wäre höchst nützlich für eine Frau, vom Leben und den Empfindungen des anderen Geschlechts zu erfahren“, heißt es nach ein paar Seiten und zack: streift sich die künftige Braut eine zweite Haut über, die geheim in einer Kiste liegt. Und schwuppdiwupp wird sie zum Kerl.

Dass das Ganze recht schnell kein geeignetes Märchen mehr für Kinder ist, versteht sich von selbst. Bianca schlüpft immer wieder in die zweite Haut und Rolle der fortan Lorenzo genannten Figur. Und sie macht so manche Erfahrung, die nun gar nicht mehr märchenhaft ist. Schließlich schlüpft sie auch in die Männerrolle, ohne sich die zweite Haut überzustülpen. Mit angeklebtem Bart und den passenden Klamotten.

Mit zurück genommenem, fast naivem Strich wird die Geschichte erzählt. Es geht um Identitäten, um Begehren, um Sex. Wer am Ende in wessen Haut stecken will – das muss der Leser selbst entscheiden.

In der Haut eines Mannes. Reprodukt. HC, Farbe, 160 Seiten. 29,-€

Um Jules Verne geht es dieses Mal nicht im Knesebeck-Verlag. Die Reise unter die Erde führt den Leser erst einmal zum Hades, dem Herrscher über die Unterwelt. Der schickt die Protagonisten Suzanne und Tom auf Insektengröße geschrumpft ins Erdreich. Und schon sind wir mittendrin in der Geschichte um die Ausbeutung des Planeten, um Umweltschutz und Verantwortung für unsere Nachkommen.

Auf den ersten Blick wirken die Figuren wie ein Nebenprodukt aus Es war einmal der Mensch. Und einen ähnlichen Erkläransatz verfolgt auch dieser Comic. Das liest sich sehr unterhaltsam und vermittelt ganz nebenbei noch eine Menge naturwissenschaftlicher Informationen. So lasse ich mir Wissenschaftscomics gefallen.

Kein Wunder, denn von Zeichner Mathieu Burniat stammen auch die Bücher Das Geheimnis der Quantenwelt und Das Geheimnis des unfehlbaren Gedächtnisses. Er hat also jede Menge Erfahrung in der comic-adäquaten Umsetzung solcher Themen. Eine Reise, die in jedem Fall Spaß macht und nicht nur für Kinder geeignet ist.

Eine Reise unter die Erde. Die Geheimnisse der Welt unter uns. Knesebeck. HC, Farbe, 176 Seiten. 24,-€

Onkel Dagoberts Memoiren? Ein neuer Comic von Don Rosa? https://comic-denkblase.de/don-rosa-library-i-still-get-chills Nein, natürlich nicht. Der Biograf des knausrigen Fantastilliardärs hat nicht erneut zum Stift gegriffen. Es ist der Finne Kari Korhonen, den Kenner schon lange auf dem Zettel haben, wenn es um gute, spannende und lustige Geschichten aus Entenhausen geht. Jetzt also sind es die Erinnerungen von Onkel Dagobert, die gebündelt auf den Tisch kommen. Diese sind zwischen 2017 und 2021 zuerst im finnischen Magazin Aku Ankka erschienen. Zwölf Geschichten aus aller Welt – vom Klondike, aus Ägypten, aus den schottischen Highlands oder natürlich auch aus Entenhausen. Zusätzlich ist mit Der Ehrenfinne eine deutsche Erstveröffentlichung vertreten.

„Die Ereignisse aus den Tagebüchern kann man, so man will, innerhalb der Rosa’schen Chronologie ansiedeln, doch sie sind mein bescheidener Versuch, die Legende von der kleinen Ente noch weiter auszuschmücken“, schreibt Korhonen im Vorwort. Ergänzt werden die Geschichten durch Scribbles und Aufrisse und ein paar Anmerkungen des Zeichners. Eine sehr schöne Zusammenstellung, die sicher nicht nur an Weihnachten zum Schmökern einlädt.

Onkel Dagoberts Memoiren. Egmont Comic Collection. HC, Farbe, 128 Seiten. 29,-€

Und hier findet Ihr die Verlage:

https://www.carlsen.de/comics

https://www.splitter-verlag.de/

https://www.suhrkamp.de

https://reprodukt.com/

https://www.knesebeck-verlag.de/

https://www.egmont-shop.de/

Ein Kommentar

  1. Vielen Dank für die tolle Auswahl. „Von Mäusen und Menschen“ muss ich mich kaufen. Ich glaube, das ist was für die weißen Baumwollhandschuhe – in Ruhe und bewusst durchblättern.

    Ich bin ja sozusagen Neueinsteiger in die Materie. Mein erster Comic war Spirou von Flix. Ich sah das halt auf FB und dachte mir, kaufst das halt. Ich kaufe immer wieder von Zeichnern und Karikaturisten, Bücher und anderes.

    Dann kam sein Humboldtier, das ich auch kaufte. Zugleich kamen ein paar Infos über Besprechungen und erst da raffte ich, es gibt eine große Community über Comic.

    Hab dann gleich das eine oder andere gekauft.

    Zu Weihnachten habe ich mir
    Der Speichermann
    Der Schimmelreiter
    Scrooge
    und ein Band „Alter Knacker“ gegönnt.

    Liebe Grüße
    Roland

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