Rummelsdorf: die Entschlüsselung der Enigma

Mag jemand Pilze? Giftige? Stinkende? Betäubende? Wenn es einen gibt, dann auf jeden Fall Pankratius Hieronymus Ladislaus Adalbert, Graf von Rummelsdorf. Was für ein Name! Im neuen Spirou Präsentiert-Band »Enigma« steht der schrullige Wissenschaftler im Mittelpunkt der Geschichte. Noch mehr, als schon in Spirou in Berlin von Flix. https://comic-denkblase.de/flix-deluxe-spirou-in-berlin Denn dieses Mal kommt der Graf gänzlich ohne Spirou und Fantasio aus. Er verliebt sich sogar und arbeitet im Geheimen. Es geht um die Entschlüsselung der Enigma – der Codierungsmaschine der Nazis.

Ganz nebenbei entwickelt sich eine für den Grafen ungewohnte Liebschaft.
© Dupuis, 2019 © Carlsen Verlag GmbH Hamburg 2020

Was für eine Leistung. Die Entschlüsselung der Enigma. Der Maschine, mit der die Nazis in der Lage waren, ihre Funksprüche so zu codieren, dass es für die Alliierten so gut wie ausgeschlossen war, sie zu verstehen. 

Kreuzworträtsel und Knobeleien

Eine Wundermaschine also, hinter der die Geheimdienste der Welt her waren. Und die man auch im abgelegenen Bletchley Park aufs genaueste untersuchte, der zentralen militärischen Dienststelle zur Entzifferung des deutschen Nachrichtenverkehrs.

Nicht ganz so eine schwere Aufgabe hat der Graf von Rummelsdorf zu Beginn der Geschichte. Kurz bevor ein Trupp von Nazis sein Schloss beschlagnahmt und ihn unter Hausarrest stellt, bekommt er aus England eine verschlüsselte Botschaft. Sein Freund Professor Black bittet ihn um Hilfe und testet mit dem Brief die Dechiffrier-Kenntnisse des Grafen. 

Flucht ohne Furcht

Während die Nationalsozialisten im Schloss eine Enigma mit dazu gehörigem Schlüsselcodeheft installieren, gelingt es Rummelsdorf mit Hilfe eines Schlafmittel absondernden Pilzes, sein Gut zu verlassen und nach London überzusetzen. Auf seinem Weg nach Bletchley Park begegnet er Blair Mackenzie – einer Spezialistin für Kreuzworträtsel. Gemeinsam sollen sie offenbar daran arbeiten, den Nazis auf die Schliche zu kommen.

Rummelsdorf: Enigma
© Dupuis, 2019 © Carlsen Verlag GmbH Hamburg 2020

Natürlich machen die beiden am Sitz des britischen Geheimdienstes die Bekanntschaft von Alan Turing – womöglich eines der größten Informatik-Genies überhaupt. Der schon längst mit seinen »Bomben« daran arbeitet, der Enigma auf den Grund zu gehen. Gemeinsam gelingt es den dreien dann auch, den Code zu knacken. Allein: sie brauchen viel zu lange Zeit. Eine schnellere Lösung muss her.

Von James Bond und Apple

Während Rummelsdorf und Co. sich also auf die Suche nach einer Alternative machen, begegnen sie Winston Churchill, brechen gemeinsam mit Ian Fleming ins Rummelsdorfsche Schloss ein und schließen Freundschaft mit dem nerdigen Turing – der ganz nebenbei auf sehr markante Weise in einen Apfel beisst und die Vision von künstlicher Intelligenz hat.

Eine Portion Pilz ist immer dabei.
© Dupuis, 2019 © Carlsen Verlag GmbH Hamburg 2020

Dem Autorenduo Béka und Zeichner David Etien (»Die Vier von der Bakerstreet«) gelingt eine unterhaltsame Geschichte rund um den jungen Grafen Rummelsdorf. Eine Story voller Details und Anspielungen, die es wert sind, ein zweites oder drittes Mal gelesen – und dann vielleicht erst entdeckt zu werden. 

Detailverliebt und originalgetreu

Die Geschichte macht Spaß und hat für diejenigen, die sich für die realen Hintergründe der Entschlüsselung der Enigma interessieren, genügend Ansatzpunkte für eine weitergehende Recherche. Die Darstellung der von Alan Turing entwickelten »Bombe« (einer Art Großcomputer) etwa ist durchaus detailgetreu und auch die Enigma selbst sieht aus, wie das Original. 

Schloss Rummelsdorf wird besetzt.
© Dupuis, 2019 © Carlsen Verlag GmbH Hamburg 2020

Auch zeichnerisch ist der Band voll auf der Höhe, detailverliebt und mit kräftigen Farben. Der Leser taucht schnell ein in das reale England der 1940er Jahre. Der Graf mit schwarzem Haar und Schnäuzer ist in seinen jungen Jahren. Dass er eine Liaison erlebt, ist eine gelungene und unerwartete Nebengeschichte, die der Figur durchaus gut tut.

Spirou? Wer braucht schon Spirou?

Vermisst jemand Spirou oder Fantasio? Ich jedenfalls nicht. Die Geschichte trägt auch ohne sie und wer zumindest Spirou dann doch noch sehen will, der bekommt ihn ganz am Ende auch geliefert. In der Rolle, die seiner Uniform entspricht – als Page nämlich in einem Brüsseler Hotel.

4 von 5 Comic-Denkblasen

Angaben zum Album: Rummelsdorf: Enigma. Text: Béka, Zeichnungen: David Etien. Aus der Reihe SPIROU PRÄSENTIERT. Carlsen Comics. Softcover, 64 Seiten. 12,-€

 

2 Kommentare

  1. Ein tolles Comic – hat richtig Spaß gemacht 🙂

    Schade finde ich nur, dass der „Cyphertext“ auf Seite 7 nicht übersetzt wurde. Man erkennt es schön an der Anrede, welche mit zehn Zeichen („Rhijeiokpc“) dem französchischen „Champignac“ entspricht und nicht den elf Zeichen des „Rummelsdorf“.
    Mit dem Schlüsselwort „PAIX“ kann man dann (auch in der deutschen Übersetzung) den Orignal-Text „Champignac, nous avons besoin de votre aide …“ wiederherstellen.

    Ein wenig stört mich die Nähe zu den ausgezeichneten Filmen „The Imitation Game“ mit Benedikt Cumberbatch und „The Darkest Hour“ mit Gary Oldman als Churchhill. Der Ausflug zum Diebstahl des Codebuchs (mitsamt Ian Fleming) fand ich etwas aufgesetzt.

    Ich hoffe, die letzte Szene ist ein Cliffhanger für ein Folgeband 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert