COZMIC – phantastische Comics

Vor rund vier Jahren erschien bei Atlantis die erste Ausgabe von COZMIC – Die phantastische Comic-Anthologie. Ein hochwertig produziertes Album mit vielen interessanten Comics aus dem Bereich der Science-Fiction und Fantasy. Gerade eben wurde Band 7 veröffentlicht. Grund für mich, ein E-Mail-Interview mit den beiden Köpfen hinter der Anthologie zu führen: René Moreau und Michael Vogt. COZMIC – phantastische Comics.
Mela © 2023 Ingo „Krimalkin“ Lohse
Nach vier Jahren habt Ihr soeben Ausgabe 7 Eurer phantastischen Comic-Anthologie vorgelegt. Verratet uns doch bitte mal, wie es dazu kam und welches Konzept hinter COZMIC steckt?

RM: Ich gebe seit nunmehr zwanzig Jahren das Magazin EXODUS heraus, das sich mit Science-Fiction-Stories und phantastischer Grafik beschäftigt. Irgendwann plante ich eine Art Sonderband zum Thema SF-Comics und interessierte einige unserer Illustratorinnen und Illustratoren für das Thema. Michael Vogt hatte zu diesem Zeitpunkt auch schon einige Geschichten für unser Magazin illustriert. Als ich ihn dann 2018 auf der Comiciade (mehr zur Comiciade hier) in Aachen erstmals persönlich kennenlernte, erzählte ich ihm von meinem Vorhaben und lief dabei wohl offene Türen ein… Der Rest ist eigentlich schon Geschichte: Einen EXODUS-Sonderband hat es nie gegeben, dafür gibt es aber die ambitionierte und feine COZMIC-Albenreihe. Im Editorial zum ersten Album gibt´s dazu übrigens die ganze Geschichte.

MV: Die Idee war, eine Art Showcase zu schaffen, die zeigt, welches Potential es auch in Deutschland für phantastische Geschichten im Comicbereich gibt. Und eine Art Spielwiese, auf der sich Künstler und Künstlerinnen einfach auch ausprobieren können.

Das Cover der neuen Ausgabe. © 2023 Atlantis + Simon Lejeune
Auf den ersten Blick erinnert mich COZMIC an eine exklusivere Variante von Magazinen wie Schwermetall oder Epic aus den 1980er Jahren. Liege ich da völlig falsch?

MV: Das ist 100pro richtig. Wir sind beide große Fans von Schwermetall und Epic, zumindest letztere habe ich in der deutschen Ausgabe noch komplett hier liegen. In diesen Magazinen gab es bahnbrechende Comics, inspirierend für den gesamten phantastischen Bereich – wenn wir mit COZMIC da auch nur ein wenig heranreichen, wäre ich schon glücklich.

Wie kommt es zur Auswahl der Geschichten, die Ihr veröffentlicht?

MV: Sehr unterschiedlich: Zum Teil sprechen wir Zeichnerinnen und Zeichner an, die wir schon kennen, zum Teil kommen Leute auf uns zu. Insgesamt schauen wir, ob uns die Sachen sowohl inhaltlich als auch künstlerisch überzeugen. Wobei René und ich schon unterschiedliche Geschmäcker und Vorlieben haben. Dadurch kommt eine ganz spannende Mischung heraus, wie ich finde. Wir versuchen auch gerne, etwas experimentellere Comics und Geschichten unterzubringen. Inhaltlich würde mir da als Beispiel Mela von Krimalkin einfallen, künstlerisch experimenteller sind meines Erachtens Comics von Maximilian Meier oder Philipp S. Neundorf.

Der Wächter des Tores. © 2023 Maximilian Meier
Ihr habt Euch auch dem kulturellen Comic-Austausch verschrieben, veröffentlicht auch internationale Künstler. Die Titelstory im aktuellen Vol. 07 etwa kommt vom Belgier Simon Lejeune, zu dem ich auf Anhieb kaum Informationen finden konnte. Nur so viel: Er lebt offenbar in Berlin und hat bisher im Eigenverlag Comics veröffentlicht, kommt aus der elektronischen Musikszene, wo er selbst Musik gemacht und viele Flyer gestaltet hat. Wie kommt Ihr zu ihm?

RM: 2018 war ich zum ersten Mal auf dem Comic Salon in Erlangen, weil ich wegen des geplanten Comic-Sonderbandes für EXODUS noch ein wenig mehr ins Genre eintauchen wollte. Ich erinnere mich, dass Simon Lejeune da am eigenen Stand seine Comic-Alben (in französischer und englischer Sprache) feilbot. Sein Stil gefiel mir, so dass ich sein (französisches) Devlok-Album gleich erwarb. Später kontaktierte ich Simon und schlug ihm vor, ihn zunächst in EXODUS mit einer eigenen großen Künstler-Galerie vorzustellen. Die Ausgabe war schnell vergriffen. Die Idee, Devlok dann dem deutschen Lesepublikum zugänglich zu machen, war dann nur noch der konsequente und nächste Schritt. Ein Comic-Spektakel in bester Tradition von Alejandro Jodorowsky und Enki Bilal ist schließlich wie gemacht für COZMIC. Diese Comic-Geschichte hätte auch in den 1970ern perfekt ins Schwermetall-Konzept gepasst.

MV: Wir stehen auch ein wenig im Austausch mit Schwermetall-ähnlichen Magazinen in den Niederlanden und interessanterweise Finnland, von dort werden wir auch immer mal wieder einzelne Comics veröffentlichen.

Devlok © 2023 Simon Lejeune
Auch deutschen Zeichnerinnen und Zeichnern gebt Ihr eine Veröffentlichungsmöglichkeit. Frauke Berger oder Sascha Dörp (mehr zu Sascha hier) etwa. Wie wichtig ist es Euch, Künstler aus Deutschland zu fördern?

MV: Das war eben eine der Grundideen bei der Entstehung von COZMIC. Meine ersten professionellen Comics habe ich bei Basteis Gespenster Geschichten veröffentlicht, weitere bei ZACK oder später auch bei Weissblechs Horrorschockern – alles Plattformen, wo man sich ein wenig ausprobieren und etwas üben und lernen kann. Solche Möglichkeiten sind etwas rar geworden in Deutschland, jetzt, wo gerade auch zum Beispiel JAZAM eingestellt worden ist. Ich denke, da erfüllt COZMIC eine ganz wichtige Funktion.

RM: Vor allem auch, weil das edle Hardcover-Format durchaus eine etwas gehobenere und reizvollere Bühne bietet – und auch ganz sicher einige Genre-Sammler bindet. Das Format war eine der Grundbedingungen, als ich Guido Latz, unseren Verleger (Atlantis), erstmals mit dem Projekt konfrontierte. An dieser Stelle aber auch ein klares „Hut ab“ an Guido, der sich auf ein solch ambitioniertes Projekt eingelassen hat, dessen Vermarktung sicher nicht so ganz einfach ist. Zudem plant er, das Atlantis-Programm comictechnisch zu erweitern.

Frauke Berger habe ich übrigens ebenfalls 2018 in Erlangen einfach während des Signierens ihres ersten Albums Grün (bei Splitter, die Comic-Denkblase berichtete) auf das geplante Sonderband-Projekt angesprochen. Als ich sie dann später kontaktierte, war sie tatsächlich sofort – und quasi bislang in jedem Album – mit dabei. Auch für das EXODUS-Magazin hat sie inzwischen einige Stories ganz großartig illustriert und die ohnehin schon breit aufgestellte stilistische Palette dadurch noch einmal um eine ganz persönliche Facette erweitert. Beide Schienen ergänzen sich synergetisch inzwischen ganz hervorragend: Denn der Schritt vom aufwendig illustrierten Literatur-Magazin zum Comic hin ist kein großer – ebenso wie der umgekehrte.

Spiegelung © 2023 Frauke Berger
Mir persönlich gefällt immer besonders gut, dass Ihr auch einen redaktionellen Text veröffentlicht. Sekundärliteratur, die sich mit bestimmten Schwerpunktthemen beschäftigt.  Dieses Mal wirft Max Schlegel (sonst für die Pressearbeit beim Splitter-Verlag zuständig) einen Blick auf den frankobelgischen Science-Fiction-Comic. Ungewöhnlich für ein Magazin, in dem unbedarfte Leser vielleicht ausschließlich Comics erwarten, oder?

RM: Das ist durch die ursprüngliche Planung (Sonderband zum Thema SF-Comic) übriggeblieben, allerdings auch ganz bewusst ins Album-Konzept mit eingeflossen. Ebenso wie Du, mögen Michael und ich dieses Konzept wirklich sehr. Ein Magazin im eigentlichen Sinne sind wir drum aber ganz sicher nicht, denn das können andere sehr viel besser. Ganz offensichtlich kommt aber der eine Genre-Artikel im Album auch bei vielen anderen sehr gut an. Dass wir uns von Anfang an dazu entschieden haben, ein kurzes Editorial und eine separate Seite, auf der alle beteiligten Künstlerinnen und Künstler vorgestellt werden, mit ins Album aufzunehmen, macht das Ganze ein wenig persönlicher und gibt zudem den einen oder anderen interessanten Einblick.

Worauf können sich die Fans von COZMIC in der kommenden Ausgabe freuen?

MV: Ich weiß nicht, wieviel Freude das wirklich bereitet, aber in der nächsten Ausgabe steuere ich nach längerer Pause auch mal wieder einen Comic und sogar das Titelbild bei. Neben Fortsetzungen von Mela und Devlok gibts noch Geschichten von Kaydee Artistry und Marek J. Sulewski, der bereits in COZMIC Vol. 06 mit einer feinen SF-Story brilliert hat.

RM: Zudem haben wir u. a. wieder was von den finnischen Kollegen dabei. Und für die Freunde der sekundärliterarischen Sparte (also auch für Dich) bringen wir einen echt interessanten Artikel von Thorsten Hanisch über Battle Star Alita. Aber, versprochen: es gibt auch noch einiges mehr zu entdecken.

Das Cover der kommenden Augabe. © 2023 Atlantis + Michael Vogt
Angaben zum Buch: COZMIC. Die phantastische Comic-Anthologie, Vol. 07. Herausgeber: René Moreau und Michael Vogt. Hardcover, farbig. 96 Seiten. Atlantis. 22,90€

Mehr zu COZMIC gibt es hier: Atlantis bei PPM

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