Ob Strizz, Mecki, Donald Duck – Comic-Zeichner Volker Reiche hat vielen Figuren Leben eingehaucht. Als erster deutscher Zeichner hat er eigene Geschichten rund um die Ente aus Entenhausen geschrieben und zu Papier gebracht. Und: Er hat seit den 1990er Jahren auch Gemälde angefertigt. Düstere Antikriegs- und Antiterrorbilder. Das Museum für Kommunikation in Frankfurt widmet dem bald 80-jährigen eine umfassende Ausstellung. Volker Reiche – Zeichner und Maler.
Man merkt Volker die Freude an. Bei jedem Strich, bei jeder Schraffur. Schon mit wenigen Bewegungen schafft der in Königstein wohnende Zeichner eine kleine, eigene Welt. „Beim Comic sind es Zehntelmillimeter. Die müssen ganz genau stimmen. Der Punkt für die Augen, der Mund mal schief, mal gerade. Das sind diese Nuancen, die sofort Emotionen bedeuten. Das ist das eigentlich Faszinierende,“ so der Künstler.
Punkt, Punkt, Komma, Strich…
Auch nach mehr als 50 Jahren greift er gern zu Stift und Pinsel. Dabei musste er seinen ersten Comic noch im Eigenverlag auf den Markt bringen. LIEBE hieß das stark vom Underground à la Robert Crumb beeinflusste Werk. „Ein Männer-Emanzo-Comic war das, in dem ich dieses Verhältnis von Mann und Frau beschreibe, natürlich auch mit vom amerikanischen Underground beeinflussten ziemlich wüsten Sexszenen. Das hat viel Geld gekostet, aber überhaupt kein Geld eingebracht.“
Mühsam verkauft Volker 100 Stück, die kühne Auflage beträgt 3.000 Exemplare. Er tingelt von Buchladen zu Buchladen, ob die sein Werk verkaufen wollen. Irgendwann verkauft er die Auflage zu einem Ramschpreis an den Volksverlag. Damals ein großer Lieferant für alternative Comics. Wegen des freizügigen Inhalts wurde das Werk direkt indiziert.
Vom Eigenverlag zu Brösel
Neben Arbeiten für die Satirezeitschriften Pardon und Titanic zeichnet Volker Reiche an der Figur des Willi Wiedehopf. Ein Album erscheint im Semmel-Verlach, den Kenner natürlich mit Brösel und Werner in Verbindung bringen. Mit Brösel gemeinsam hat er in seinen Anfangstagen ebenfalls einen Comic veröffentlicht.
Auch wenn es aus heutiger Sicht vermessen klingt: Volker wollte Comics machen – und zwar gleich einen, den Millionen Menschen kennen: Donald Duck. Kurzerhand bewirbt er sich als Zeichner beim niederländischen Verlag Oberon. Und prompt wird er genommen. Ab 1979 zeichnet er einige Geschichten rund um Donald und Co. Und weil er die Proportionen und Details noch lernen muss, wird er von keinem anderen als Daan Jippes geschult.
3000 Mark für einen Mecki-Strip
Mit dem Igel Mecki aus der Zeitschrift Hörzu kommt dann ein aus heutiger Sicht äußerst üppiger Verdienst ins Hause Reiche. Ab 1985 zeichnet er 20 Jahre lang 1000 Folgen. Verpasst dem Igel am Ende auch eine Frischzellenkur. „Das kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Man zeichnet einen Strip pro Woche, das habe ich wirklich locker mit aller Gemütsruhe in drei Tagen gemacht. Vier Tage frei und bekommt dann dafür 3.000 Mark.“ Das Ganze dann vier Mal im Monat – für satte 12.000 Mark.
Ab 2002 zeichnet er dann für die FAZ seine eigene Serie STRIZZ. Erst an jedem Werktag, dann für die Samstagsausgabe. Der Nachrichten-Junkie Reiche verarbeitet darin aktuelles Weltgeschehen. „Strizz hatte immer viele Facetten. Da ist die Geschichte eines ziemlich faulen Büroangestellten, dann ein ziemlich größenwahnsinniger Kater, die Familiengeschichte von Strizz und seiner Frau Irmi und den Kindern. Es geht darin viel um die eigene Vergangenheit, aber auch um die Angst um die Welt. Die wesentlichen Dinge, die auch in der Zeitung standen, die hatte ich auch in meinen Geschichten.“
STRIZZ und Kunst
Die Ausstellung im Museum für Kommunikation zeigt aber auch einen anderen Volker Reiche. Den, der großformatige, apokalyptische Bilder malt. Antikriegs- und Antiterrorbilder. In denen der Gamer Reiche viele Anleihen bei Hyronimus Bosch nimmt. Oder wo er bekannte Meisterwerke wie Guernica von Picasso adaptiert. „Das gehört eben auch zum Leben dazu“, meint Kurator Timo Gertler. „Er bildet auch düstere Themen ab, oder, wie er sagt: der ganze elende Kram. Terror, Krieg, Sterben, das wird hier verarbeitet, vor allem eben in seinen Gemälden.“
Reiche wäre nicht Reiche, wenn er zu den Gemälden nicht einen Erklär-Comic gezeichnet hätte. In der sogenannten Künstlerführung beschreibt er (für seine Figuren Müller und Herrn Paul aus seinem Comic Strizz), was zu sehen und wie es einzuordnen ist. Eine kongeniale Idee, die die absolut gelungene Ausstellung um einen weiteren Aspekt bereichert.
Infos zur Ausstellung: Volker Reiche. Comiczeichner & Maler. Museum für Kommunikation Frankfurt am Main. 26. April 2024 – 27. Oktober 2024
Hier gehts zu Volkers Homepage: STRIZZ
Mehr Frankfurt auf der Comic-Denkblase gibts hier: X-Tra-Boox
Und hier könnt Ihr den TV-Beitrag sehen: Tagesthemen-Beitrag zu Volker Reiche
Mehr Infos zur Ausstellung findet Ihr hier: Museum für Kommunikation Frankfurt