Manno! Auf einen Kaffee mit: Anke Kuhl…

Die Frankfurter Zeichnerin Anke Kuhl hat den Comicbuchpreis der Berthold Leibinger Stiftung erhalten. Mit 20.000€ Preisgeld ist es die am höchsten dotierte Comicauszeichnung im deutschsprachigen Raum. Sie wird vergeben, um einen noch nicht veröffentlichten Comic zu fördern, dessen Fertigstellung absehbar ist.

Famili
Skizzen zu Manno! © Anke Kuhl

Die geehrte Zeichnerin ist bisher vor allem als Illustratorin bekannt und hat mit dem vor vier Jahren bei Reprodukt veröffentlichten Lehmriese lebt bisher erst einen Comic veröffentlicht. In der Begründung der Jury des Comicbuchpreises heisst es: „Schon in seinen ersten drei Episoden hat Manno! die Jury mit seinem Witz, der lebhaften Bildsprache und den wunderbaren Kurzberichten aus einem ganz normalen Kinderleben zwischen Euphorie und Katastrophe begeistert.“

Anke Kuhl war selbst total überrascht, den Preis zu gewinnen, eben weil sie so wenig Comic-Erfahrung hat. Für uns hat sie sich Zeit genommen, ein paar Fragen zu beantworten. Und sie gibt einen Einblick in Manno! , eine lose verknüpfte Memoire einer Kindheit.

Das Interview

Von Stupsi und Blacky ©Anke Kuhl

(AJ) Liebe Anke, vor ein paar Monaten hast Du das ziemlich gut dotierte Stipendium der Berthold-Leibinger Stiftung erhalten. Was verändert sich dadurch für Dich?

(Anke Kuhl) Dass ich die Arbeit am Comic Manno! mit Ruhe und Sorgfalt machen kann, ohne nebenbei noch mit anderen Projekten meinen Lebensunterhalt finanzieren zu müssen. Das ist toll. Ein bisschen erhöht es natürlich auch den Druck. Das Ergebnis soll ja auch dem Preis würdig sein.

Leistenbruch von Anke Kuhl
Leistenbruch von Anke Kuhl, eine Seite aus dem noch nicht veröffentlichten Comic Manno! ©Anke Kuhl

(AJ) Worum geht es in dem Comic, mit dem Du gewonnen hast?
(AK) Es wird eine Sammlung von Anekdoten aus meiner eigenen Kindheit in den 70er Jahren. Ich habe ziemlich genaue Erinnerungen daran und wollte die immer schon mal aufschreiben.

Als ich es vor einiger Zeit versucht habe, ist mir schnell klar geworden, dass ein Comic für mich das einzig wahre Medium dafür ist, weil ich so viele Bilder im Kopf habe, die ich zeichnerisch viel präziser und treffender ausdrücken kann, als mit vielen Worten. In den Geschichten kommen schöne und schlimme, lustige und traurige, komische und tragische, fröhliche und eklige, leise und laute Momente nebeneinander vor.

(AJ) Für wen machst Du den Comic? (Jungs, Mädchen, jung, alt?)
(AK) Das ist in diesem Fall wirklich ziemlich offen (zwischen den Geschlechtern unterscheide ich bzgl. Zielgruppe nie). Kinder ab ungefähr acht Jahren werden sich in den Geschichten und Figuren hoffentlich genauso wieder finden können, wie Erwachsene, die sich an ihre eigene Kindheit erinnern. Für mich war es spannend zu sehen, dass die meisten Menschen, die die ersten Episoden gelesen haben, sich sofort an selbst Erlebtes erinnern und zu erzählen beginnen. Egal, wie alt sie sind. Für Erwachsene meiner Generation ist es natürlich ganz lustig, zeittypische Details zu erkennen – wie Schlaghosen, ABBA, Haarspray und ähnliches.

(AJ) Wie ist Dein Zeitplan?
(AK) Bis November 2019 soll der Comic fertig werden und im Frühjahr 2020 bei Klett Kinderbuch erscheinen.

(AJ) Das Stipendium ist ziemlich hoch dotiert. Welchen Stellenwert misst eine solche Unterstützung dem Comic zu?
(AK) Ein Comic ist so arbeitsintensiv und damit zwangsläufig etwas für Idealisten, die ökonomische Überlegungen hintenan stellen. Der Leibinger Preis ist der höchstdotierte hierzulande in der Branche. Das setzt natürlich ein besonderes Signal und zeigt eine Wertschätzung der Comickunst in Deutschland und wirkt enorm motivierend auf die KünstlerInnen. 

(AJ) Du bist Teil des sehr erfolgreichen Ateliers Labor in Frankfurt. Wie wichtig ist Dir der Austausch mit Moni Port und Philip Waechter?
(AK) Der Austausch der Laborkollegen untereinander ist uns sehr wichtig. Wir profitieren alle davon, unsere Erfahrungen zu teilen und uns gegenseitig nach Bedarf zu beraten und zu unterstützen. In unseren Labor-Gemeinschaftsprojekten ist es natürlich unerlässlich, sich gut abzusprechen. In den eigenen Projekten der Einzelnen ist es unterschiedlich. Manche von uns arbeiten lieber alleine für sich und niemand bekommt was vom Entstehungsprozess mit, bis das fertige Buch dann plötzlich im Regal steht. Andere holen sich gerne mal zwischendrin Rat vom Nachbartisch. In jedem Fall ist es ein gutes Gefühl, dass im Zweifelsfall immer jemand da ist, bei dem man sich mal einen Tipp holen kann, wenn es notwendig ist.

Anke und Eva ©Anke Kuhl

(AJ) Grundsätzlich zum Thema Comic: Wie siehst Du den Stellenwert von Comics in Deutschland?
(AK) Es hat sich in Deutschland ja schon allerhand getan in den letzten zehn bis 20 Jahren. Die Themenvielfalt ist viel größer geworden und die Nische öffnet sich immer mehr. Ich kenne viele Lesende, die früher gar nichts mit dem Medium am Hut hatten, die sich plötzlich für diese Art des Erzählens interessieren. Trotzdem gibt es immer noch viele Vorbehalte und wir sind natürlich weit entfernt von dem Stellenwert, den der Comic beispielsweise in Frankreich oder Belgien hat.

(AJ) Wie ist der Stellenwert von Kindercomics?
(AK) Es gibt sie immer noch, die Eltern und Pädagogen, die Comics für Kinder generell für anspruchslose Schmalspurlektüre halten. Dabei gibt es natürlich mindestens genauso viele dumme Bücher wie Comics. Neugier, Offenheit und Aufmerksamkeit für Kindercomics bei den Eltern (und damit den Käufern) zu wecken, ist nach wie vor ganz schön schwer. Andererseits: wenn man die jüngsten Vorschauen der Kinderbuchverlage durchblättert, ist schon auffällig, dass Graphic Novels für Kinder und Jugendliche immer häufiger selbstverständlich mit im Programm sind.

Anke Kuhl ©Peter Nierhoff

(AJ) Was ist Dein nächstes Comic-Projekt?
(AK) Jetzt muss erst mal Manno! gemacht werden. Im Anschluss stehen zwei umfangreiche Kinderbuchprojekte auf dem Plan. Ob und wann ich das nächste Comicprojekt angehe, darüber mache ich mir im Moment noch keine Gedanken.

(AJ) Vielen Dank und alles Gute!

(AK) Danke auch!

Und hier geht es zur Ausschreibung zum nächsten Comicbuchpreis: https://www.leibinger-stiftung.de/de/comicbuchpreis/

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