„Harry und Platte“ – so geht Gesamtausgabe

Wer auf Comic-Messen unterwegs ist, kommt an Eckart Schott und seinem Verlag SalleckPublications nicht vorbei. Der in Wattenheim ansässige Verleger bringt ein feines Programm auf den Markt. Er organisiert regelmäßig Signierstunden und ist unter Fans eine Institution. Mit Harry + Platte veröffentlicht der Verlag nun die Gesamtausgabe eines franco-belgischen Klassikers, der für Comicfans mit Interesse an der Entstehungsgeschichte der Comics wenig zu Wünschen übrig lässt. Grund genug, die Reihe und den Verleger vorzustellen.

Harry + Platte Gesamtausgabe 1949-1954, ©SalleckPublications

(AJ) Lieber Eckart, Du hast bereits zwischen 2011 und 2014 eine dreibändige Gesamtausgabe von Harry + Platte veröffentlicht, dann aber abgebrochen. Seit 2017 gibt es nun einen neuen Versuch. Warum hast Du die erste Version abgesetzt und worin unterscheidet sich die neue Variante?

(ES) Die erste Gesamtausgabenreihe war nach Themen geordnet, wobei die Alben in jedem Band in sich chronologisch angeordnet waren. Die neue Gesamtausgabenreihe ist insgesamt chronologisch, sie beginnt mit den ersten Arbeiten von Will zu Harry und Platte (ab 1949) und enthält mit Band 3 sogar die bisher bei uns unveröffentlichten Arbeiten von Marcel Denis. Dazu sind die Vorworte viel opulenter als in der alten Gesamtausgabenreihe.

Aus Band 1 der Harry + Platte-Gesamtausgabe ©SalleckPublications

(AJ) Bislang sind vier Sammelbände der neuen Edition erschienen. Wenn man die vier Buchrücken nebeneinander sieht, stellt man fest: Die Jahre 1959 und 1962/1963 fehlen. Woran liegt das?

(ES) Das liegt daran, dass Dupuis nach dem Weggang von Will zu Le Lombard lange nach einem Ersatzmann gesucht hat, und auch nach der Zeit von Marcel Denis hat es lange gedauert, bis die Serie mit Texter Rosy und Zeichner Will neu gestartet wurde. Es kam also zu längeren Pausen nach Wills und Denis‘ Weggang.

Zehn bis elf Bände möglich

(AJ) Wieviele Bände sind ingesamt geplant?

(ES) Es gibt 45 Einzelalben, wir können also mit zehn bis elf Bänden rechnen. In vier bis fünf Jahren dürften die erschienen sein.

Ein umfangreicher redaktioneller Teil ergänzt die Comics. ©SalleckPublications
(AJ) Was zeichnet die neue Ausgabe aus Deiner Sicht aus? 

(ES) Die chronologische Veröffentlichung, die Veröffentlichung von bei uns unbekanntem Material wie das Frühwerk von Will, die zwei Abenteuer von Marcel Denis, dazu die opulenten Vorworte. Man merkt, dass sich die Verantwortlichen richtig viel Mühe damit machen.

Neuer Inhalt von neuem Team

(AJ) Zum H+P-Universum gehört neuerdings auch Wo ist Kiki? von Blutch und Robber. Wie kommt es zu dieser Veröffentlichung? Was können die Fans hier erwarten?

(ES) Das ist ein Sonderband, basierend auf einem Herzenswunsch von Blutch und seinem Bruder Robber, die schon in ihrer Kindheit die Reihe geliebt haben.

Harry + Platte-Spin Off ©SalleckPublications
(AJ) Sind hier weitere Veröffentlichungen in Planung?

(ES) Bisher nicht. Aber wir sollten auch die drei Bände von SCHOCK nicht vergessen. Ob diese Reihe weitergeht, steht noch nicht fest. Dazu käme noch 421 – immerhin gezeichnet von Wills Sohn Eric Maltaite und getextet von Desberg, der ja die Harry und Platte-Alben der Spätphase nach Tillieux getextet hat.

(AJ) Grundsätzlich zu Dir und Deinem Verlag. Wieso heißt Dein Verlag SalleckPublications? Was steckt da dahinter?

Wieso eigentlich SalleckPublications?

(ES) Vor vielen Jahren hatte ich eine gute Bekannte namens Sally, aus den beiden Vornamen entstand der Verlagsname. Dazu kam die Namensähnlichkeit mit „Magnum“ Tom Selleck.

(AJ) Welche Schwerpunkte legst Du verlegerisch?

(ES) Das, was mir selbst gefällt veröffentliche ich, wenn möglich. Schwerpunkte sind die „Baustellen“ abzuarbeiten, sowie die Themen Fliegerei und Oldtimer.

Eckart Schott an seinem Stand.
(AJ) Welchen Stellenwert nehmen Harry + Platte in Deinem Sortiment ein?

(ES) Ich erinnere mich noch gut an Will, den ich zwei- oder dreimal persönlich treffen durfte. Somit ist Harry + Platte auch ein Herzensprojekt, das ich, je nachdem wie der belgische Verlag Dupuis neue Bände veröffentlicht, ausbauen werde.

(AJ) Hast Du eine Überraschung in der Hinterhand, die Du uns hier verraten willst?

(ES) Eine Überraschung ist es nicht, aber Mattéo 5 wird noch dieses Jahr erscheinen. Jean-Pierre Gibrat ist einer der Zeichner, dessen Werke man aufgrund des hohen künstlerischen Niveaus jedem empfehlen kann. Und auch der dritte Band von Lena von Pierre Christin und André Juillard ist in Arbeit.

Keine Messe ohne Helfer

(AJ) Du bist auf vielen Messen und Börsen vertreten. Wie wichtig ist das für Deinen Verlag?

(ES) Ich fand und finde es wichtig, Comiczeichner nach Deutschland einzuladen. Messen und Börsen bieten dazu den Anlass. Ganz am Anfang meines Verlegerdaseins war ich auf dem Comicfestival von Nancy. Dort wurde ich eingeladen, bei den Abend- und Mittagessen dabeizusein. Dort habe ich viele Zeichner getroffen, die gleich gesagt haben, dass sie gerne nach Deutschland kommen würden. So fing das eigentlich an, durch diese persönlichen Kontakte zu den Künstlern. Und natürlich erarbeitet man sich in den Jahren auch sein Stammpublikum und gewinnt Freundschaften.

(AJ) Eine Reihe von Fans und Freunden unterstützt Dich regelmäßig an Deinen Ständen. Wie wichtig ist diese Unterstützung?

(ES) Alleine einen großen Stand zu machen und Zeichner zu betreuen ist unmöglich. Schön, dass mich meine Freunde dabei unterstützen. Dadurch bekommen diese auch einen persönlichen Kontakt zu den Künstlern, den hat nicht jeder. Das sind unvergessliche Momente und Erlebnisse.

Der dritte Teil von Schock ©SalleckPublications

(AJ) Vermutlich werden viele Veranstaltungen wegen der Corona-Pandemie abgesagt. Was heißt das für Dich?

(ES) Weniger Reisen. Weniger Kontakte zu meinen Lesern und Kunden. Manche Veranstaltungen sind wie ein halber Urlaub. Die Zeit genieße ich beim Lesen oder Fernsehen und bei Spaziergängen im Wattenheimer Wald.

(AJ) Kannst Du Comics noch zum eigenen Vergnügen lesen? Und wenn ja: Was liest Du dann?

(ES) Als der Tod von Albert Uderzo bekannt wurde, habe ich Asterix in Spanien gelesen, zur Erinnerung an diesen großen, genialen Künstler. In meinem Wohnzimmer liegen noch Os Cangaceiros von Peter Wiechmann und Rafael Mendez, einem großen, heute nur bei Comicfans bekannten spanischen Künstler. Großartig fand ich die Comic-Biografie von Catel über René Goscinny, die jetzt bald bei Carlsen auf Deutsch erscheint. 

Alle Infos und Comics des Verlags gibt es hier: https://salleckpublications.eu

2 Kommentare

  1. Schön zu lesen, das Interview.
    Aber nicht nur über die Gesamtausgabe von Harry + Platte, sondern auch über den Verleger Eckart Schott und die versierte Fragestellung von Alex Jakubowski.
    Ich selbst bin kein ausgesprochener Comicleser oder Sammler franco-belgischer Bilderhefte, aber ich bilde mir ein zu erkennen, wer über das Geschick verfügt, die richtige Auswahl dieser Arbeiten für den deutschen Markt ausfindig zu machen.
    Nun – das ist Eckart Schott, der permanent gute Übersetzungen über seinen Verlag den Fans anbietet. Und das seit vielen Jahren! Erfahrung, Präsenz auf vielen Messen, die Nähe zu Freunden, Zeichnern, Autoren, Lesern, Kollegen, auch ausgestattet mit dem Gespür für Veränderungen im Umfeld der Neunten Kunst, zeichnen diesen Mann aus.
    Da ich mir nie die Zeit nahm, das mal schriftlich auszudrücken, mache ich es hier als Kommentar.
    Mit Grüßen
    Peter (Kronhagel)

  2. Ähnlich wie meinem Vor-Kommentator vermittelt das Interview auch mir, den Verleger Eckart Schott so gut zu verstehen, als würde ich ihn schon seit vielen Jahren kennen. Eine tolle Gesamtausgabe, und ein noch großartigerer Verlag!

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