Den Saarländer Zeichner Bernd Kissel kennt Ihr nicht nur, weil er grandioserweise das Titelbild für meinen Blog gezeichnet hat. Gemeinsam mit Marc-Uwe Kling hat Bernd die vergangenen zweieinhalb Jahre für ZEIT-Online die Känguru-Comics ins Netz gebracht. Auch in Buchform gibts die Strips zu lesen (wir haben schon einmal berichtet: Känguru-Comics Band 1) und zum Erscheinen des Abschlussbandes hat Bernd mir wieder einmal ein paar Fragen beantwortet. Es hüpft nochmal: das Känguru im Comic.
Lieber Bernd, mit Band 2 der Känguru-Comics enden die Strips erst einmal. Bei ZEIT online habt ihr noch eine weitere Folge veröffentlicht, die eine Fortsetzung erst einmal offen lässt. Ihr braucht eine Pause. Kannst Du beschreiben, was die vergangenen zweieinhalb Jahre mit Dir und Euch gemacht haben?
Als wir 2020 mit den Känguru-Comics sechsmal pro Woche an den Start gingen, war mir schon klar, dass das ein Batzen Arbeit sein wird. Allerdings legten wir damals mit einem Puffer von etwa drei Wochen los, den wir ursprünglich auch stets beibehalten wollten. Nur leider wurde dieser Vorsprung tagtäglich immer kleiner, bis ich im Grunde die restlichen 600 Folgen immer von einem auf den nächsten Tag zeichnen musste. Marc-Uwe hatte den Puffer an neuen Skripts zwar gehalten, aber auch für ihn war das ein regelrechter Kraftakt. In der Zeit, in der wir die Reihe auf ZEIT online hatten, drehte er einen Film, kümmerte sich um die Postproduktion, machte die Promo, schrieb Kinderbücher und entwickelte Spiele.
Auch ich hatte viele Projekte, die noch parallel liefen und die es schwer machten, den Vorsprung an fertigen Strips zu halten, geschweige denn auszubauen. Mit der Zeit geht so etwas natürlich an die Substanz. So legten wir auch ein paarmal Pausen ein, um zum einen etwas Erholung zu finden. Zum anderen aber auch um weitere Strips vorzuproduzieren, was wie gesagt nie so richtig geklappt hat.
Ob Sommerurlaub, Weihnachten oder Ostern, über die zweieinhalb Jahre habe ich eigentlich fast täglich an den Känguru-Comics gearbeitet. Ich konnte mir teilweise selbst nicht erklären, wie ich es dann doch immer geschafft habe, einen Strip abzugeben. So ein Sunday zum Beispiel braucht je nach Aufwand insgesamt bis zu 15 Stunden. Und wenn man bedenkt, dass ich manchmal erst Donnerstagabend damit beginnen konnte und Freitags spätestens um 18 Uhr abgeben sollte, dann kann man sich vorstellen, wie viele Nachtschichten ich in den zweieinhalb Jahren gemacht habe.
Aber all die Mühe war es wert, wenn ich mir dann (auf meinen Kanäle) die Reaktionen der Leser:innen angeschaut habe. Wir hatten und haben eine echte Fangemeinde und das macht mich sehr froh. Der alte Spruch, aufzuhören, wenn es am schönsten ist, hat durchaus seine Berechtigung. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Qualität der Strips nachgelassen hatte. Und somit waren in dem, was wir abgeliefert haben, keine Ermüdungserscheinungen zu erkennen. So etwas wollten wir unbedingt vermeiden. Aber bei uns Machern waren halt eben diese Ermüdungserscheinungen nicht mehr zu leugnen.
Wie sehr ist Dir das Känguru ans Herz gewachsen?
Das Känguru (und auch die anderen Figuren) zu zeichnen, hat mir richtig viel Spaß gemacht. Aber wirklich ans Herz gewachsen ist mir vor allem die Zusammenarbeit mit Marc-Uwe. Deshalb freue ich mich riesig, dass wir nach dem Känguru nahtlos mit weiteren Projekten weitergemacht haben.
Hast Du damit rechnen können, wie groß Euer gemeinsamer Erfolg sein wird? Der von Marc-Uwe und Dir?
Also ich wusste natürlich, dass Marc-Uwe Kling eine andere Hausnummer ist, als meine Wenigkeit. Und mir war auch klar, dass ein etwaiger Erfolg zum Großteil seinen wunderbaren Texten, seinem unschlagbaren Witz und seiner immensen Popularität zu verdanken sein wird. Dennoch war ich sehr überrascht und froh, dass eine Comicreihe in klassischer Stripform und im franco-belgischen Stil derart gut einschlagen würde. Die Reaktionen auf die Comics waren wirklich sehr erbaulich und ermutigend. Der erste Sammelband wurde zum erfolgreichsten Album 2022 und die Shows, die wir gemeinsam in diversen deutschen Städten gemacht haben, waren alle ausverkauft. Das haut einen gewöhnlichen Comiczeichner, für den so etwas nicht alltäglich ist, schon vom Hocker.
Wie hast Du Dich als Zeichner verändert?
Ich glaube, ich bin etwas sicherer geworden. Nicht unbedingt im Strich, denn mit dem kämpfe ich nach wie vor, aber ich habe lernen können, dass ich meinem Gefühl, was funktioniert und was nicht, besser vertrauen kann. Bei einer (fast) täglichen Reihe hat man schlichtweg keine Zeit, Dinge immer und immer wieder zu überarbeiten und muss daher aus Zeitgründen effektiver und konzentrierter arbeiten. Und da habe ich gelernt, mir und meiner Erfahrung besser zu vertrauen.
Welcher ist Dein Lieblingsstrip der 626 Folgen?
Sehr schwere Frage! Zeichnerisch gefallen mir „GEBÄCKSTÜCKE“ (Band 1) und „KONFERENZ GEGEN DAS TÖTEN VON MENSCHEN ZUM ZWECKE DES ESSENS IHRER GEHIRNE“ (Band 2) recht gut. Aber vom Inhalt her ist höchstwahrscheinlich „ZU KLEIN“ (Band 2) meine Lieblingsfolge, da hier die Mär vom kleinen Deutschland, das ja global so gar nichts zum Klimaschutz beitragen könne, wunderbar aufs Korn genommen wird. Ohnehin waren mir die Folgen, die sich mit der Klimakrise auseinandersetzen mit die liebsten, da ich hier gegen meine Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit angesichts der drohenden Katastrophe anzeichnen konnte. Aber die albernen Folgen, und hier denke ich vor allem an die mit „Allen&Jeb“ (aka Elon&Jeff), haben mir auch sehr viel Freude gemacht.
Welche weiteren Projekte stehen bei Dir an?
Wie oben bereits angedeutet, haben Marc-Uwe und ich andere Projekte in Arbeit. Eins davon wird bereits am 30. November 2023 bei Ullstein erscheinen. Dabei handelt es sich um einen Roman, den er mit seinen beiden Töchtern Johanna und Luise geschrieben hat. In „Der Spurenfinder“ geht es um einen Meisterdetektiv, Elos von Bergen, der das Spurenfinden eigentlich an den Nagel gehängt hat, nun aber gemeinsam mit seinen beiden Kindern Ada und Naru in einen weiteren Fall verwickelt wird. Eine sehr spannende, phantasievolle und auch witzige Geschichte, die ich illustrieren durfte (inklusive Cover), was mir als altem Fantasy-Fan einen Heidenspaß bereitet hat. Zudem arbeiten wir an einem Comic-Album, das diesmal eine lange Geschichte erzählen wird. Mit nicht ganz unbekannten Figuren …
Und natürlich: Wird es irgendwann weitere Känguru-Comics geben?
Wir haben die letzte Folge der Reihe absichtlich vage gestaltet, um uns alle Optionen offen zu lassen. Wir kennen alle den Schauspieler oder die Sängerin, die irgendwann das definitive Ende der Karriere angekündigt haben, nur um dann doch wieder zurückzukommen. So etwas wollten wir vermeiden.
Angaben zum Buch: Die Känguru-Comics, Band 2. Zeichner: Bernd Kissel. Autor: Marc-Uwe Kling. Hardcover, farbig. 226 Seiten. Carlsen Comics. 22,-€
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Ich habe mehrere Bücher von Marc-Uwe Kling und ein Känguruheftchen. Liest man die Comics, so habe ich unweigerlich die Stimme, die man von den Aufführungen kennt, im Ohr.
Da hat das Lesen gleich nochmal eine andere Qualität.