Ho ho ho… Ihr dachtet schon, das wars? Weit gefehlt. Ich habe noch mehr schöne Bücher, die ich Euch gerne ans Herz legen möchte. Erneut ist es eine bunte Mischung an Themen, von biografischen Comics, über Kunst im Museum oder anarchische Satire. Vielleicht findet Ihr ja noch das ein oder andere Werk, mit dem Ihr Euch oder andere beschenken wollt. Viel Spaß mit meinen Comic-Tipps zu Weihnachten Teil 3.

Die letzte Einstellung. Text/Zeichnungen: Isabel Kreitz. Reprodukt 2025
Die rund 300 Seiten starke Graphic Novel spielt zur Zeit des Nationalsozialismus. Es geht um Heinz Hoffmann, einen Redakteur und Schriftsteller, der wie viele andere zu einem „verbotenen Autor“ wird. Bei einem Luftangriff wird seine Berliner Wohnung zerstört, und er zieht bei seiner Geliebten Erika Harms ein. Die arbeitet bei der UFA, und als die Nazis dringend einen Ghostwriter für das Drehbuch zu einem „Durchhaltefilm“ suchen, lässt er sich zähneknirschend darauf ein. Kreitz zeigt das zerbombte Berlin wie gewohnt in feinen Bleistiftzeichnungen und gern aus der Vogelperspektive. Ihre Hauptfigur Heinz Hoffmann dürfte sich an der Person Erich Kästners orientieren – nicht nur die buschigen Augenbrauen geben einen kleinen Hinweis darauf – allerdings ist er nicht dessen Abbild. Kreitz hat eine eigene, neue Geschichte entworfen, die sich an der Historie bedient. Es geht um den Überlebenskampf eines Künstlers in einer Welt, die ihn ablehnt und die er ablehnt. Nicht ahnend, dass der Krieg kurz vor seinem Ende steht.

From Scratch. Text/Zeichnungen: Thomas Ott. Merianverlag. 2025
Der Deutschschweizer Comicautor sagt von seiner Arbeit selbst, er schwärze mit seiner Schabkartontechnik nicht weißes Papier ein, sondern kratze im Gegenteil Licht ins Dunkel. Er versuche also, im Dunkeln das Licht sichtbar zu machen. Bezeichnenderweise heißt das neue Buch auch From Scratch. Es ist gleichzeitig ein Katalog zur Retrospektive des Künstlers. Es enthält eine umfangreiche Zusammenstellung seiner Arbeiten, die er vor 40 Jahren als 18-jähriger begann. Auch wenn der Künstler von Licht spricht: Seine Arbeiten zeigen eine dunkle, ja düstere Welt. Ob bei einem Selbstporträt, bei dem ihm die Haare in Flammen aufgehen, oder bei seinen Porträts eines Skinheads oder einer Nonne. Vergänglichkeit und Tod sind immer wiederkehrende Themen – allzu oft münden sie in gezeigten Ängsten und Horrorvisionen. Die vorliegende Zusammenstellung des Cartoonmuseums Basel liefert einen Einblick – in eine abgründige Parallelwelt.

Alles Rudi Gesamtausgabe. Band 1. Text/Zeichnungen: Peter Puck. All Verlag 2025
Diese Gesamtausgabe ist eine Zeitreise. Es geht zurück ans Ende der 1990er Jahre und an den Beginn des neuen Jahrtausends. Eigentlich könnte man damit rechnen, dass in Band 1 einer Gesamtausgabe die Anfänge eines Zeichners abgedruckt werden, aber offenbar hält man die frühen Gags, die ab 1985 entstanden, nicht dazu geeignet, einen sanften Einstieg ins Werk von Peter Puck zu schaffen. Keine schlechte Entscheidung, denn die gezeigten Geschichten strotzen nur so vor anarchischem Witz. Aus heutiger Sicht dürfte manches zwar nicht mehr ganz der Political Correctness entsprechen. Doch die von Carl Barks, dem großartigen Zeichner von Entenhausen, inspirierten Figuren mit ihren Knollennasen setzen sich mit den Themen Migration und Integration auseinander. Die rechte Neonazi-Szene wird einmal mehr bloßgestellt. Erotik und Sex bestimmen das Leben der Antihelden Rudi und Fred. Doch das alleine würde dem Werk nicht gerecht. Denn es ist vor allem der Wortwitz in den reichhaltig gefüllten Sprechblasen, der bestens unterhält. Und einen schwarzhumorigen Klassiker schafft.

Die Giehse. Text/Zeichnungen: Barbara Yelin. Reprodukt 2025
Ein ganzes Leben fürs Theater. Das galt für jene Schauspielerin, die einfach nur „Die Giehse“ genannt wurde. Im Auftrag der Münchner Kammerspiele hat Barbara Yelin sich mit der Frau beschäftigt, die als politisch aktive, jüdische, lesbische Person 1933 aus Nazideutschland fliehen musste. Unerzählte Geschichten will das Theater damit schreiben. Man will Leerstellen füllen von 300 Menschen, die ins Exil mussten oder ermordet wurde. Mit Barbara Yelin wurde eine Zeichnerin engagiert, die sich schon öfter mit Erinnerungskultur beschäftigt hat. Bei ihrem Comic hat sie Interviews gelesen, Erinnerungen und Briefe von Menschen, die der Giehse nahestanden. Und dabei hat sie die Beobachtung gemacht, dass die Schauspielerin eigentlich nie über sich selbst sprach. Der Comic zeichnet ihren Weg nach – von München über Breslau nach Berlin. Es geht um ihre Beziehung zu Erika Mann, ihre Flucht in die Schweiz, die Ausreise in die USA und dann ihre Rückkehr nach Europa. „Ich bin ein alleiniger Mensch“, ist ein zentrales Zitat, und ein Merkmal, das „Die Giehse“ zu dem gemacht hat, was sie war: Einen der letzten großen Stars des Theaters.

Der große Zwischenfall. Text/Zeichnungen: Zelba. Helvetiq 2025
War der Louvre in Paris nicht gerade Opfer eines spektakulären Raubs? Als hätte sie es geahnt, sucht sich die unter dem Pseudonym Zelba arbeitende deutsche Zeichnerin Wiebke Petersen genau dieses Museum aus, als Spielort ihres Comics. Über Nacht nämlich sind aber nicht wertvolle Juwelen verschwunden, sondern alle Frauenakte aus sämtlichen Kunstwerken. Einfach weg. Egal ob Gemälde oder Skulptur, die dargestellten Damen wollten sich einfach nicht mehr den Berührungen und Blicken der Besucher aussetzen. Erst als sich Wachmann Nadir und Putzfrau Teresa einschalten, schöpfen die Museumsdirektorin und Frankreichs Premierministerin Hoffnung, dass die Geschichte ohne großes Aufsehen über die Bühne gebracht werden kann. Eine satirische Erzählung über die Rolle der Frau in Kunst und Gesellschaft – und gleichzeitig eine Hommage an eines der schönsten Museen der Welt.
