Weiter gehts mit meinen Empfehlungen kurz vorm Fest. Es ist wieder eine bunte Mischung geworden. Debüts sind dabei, genauso wie Graphic Novels von „alten Hasen“. Vielleicht findet Ihr ja auch dieses Mal ein paar Überraschungen – die am Ende ja sogar unterm Weihnachtsbaum landen… Viel Spaß jedenfalls mit meinen Comic-Tipps zu Weihnachten Teil 2.

Soma. Judith Kranz. Reprodukt 2025
Diese Geschichte spielt in einer anderen Welt. Das Volk der Soma hat schwer zu kämpfen. Die Umwelt ist verseucht und das eigene Überleben ist nur durch das Tragen dichter Schutzanzüge und Masken mit Luftfiltern möglich. Lan und Iri waren in Kindertagen miteinander befreundet. Doch spätestens als sie Der Große Rat in unterschiedliche Abteilungen verwiesen hat, ist ihr Verhältnis getrübt. Lan muss in den Nahrungssektor, Iri zum Schutzsektor. Der Große Rat, das scheint eine Art Regierung zu sein, vielleicht eine Diktatur. Jedenfalls muss sich jeder an feste Regeln halten – angeblich zum Schutz des eigenen Lebens. Doch als Lan sich dazu entschließt, zu fliehen, kommt Iri einfach mit. Gemeinsam erreichen sie eine scheinbar andere Welt, in der es wieder möglich ist, ohne Maske zu atmen. Und in der die Natur wieder ihren normalen Lauf zu nehmen scheint. Was aber ist mit denen, die sie zurückgelassen haben?

© Foto: Alex Jakubowski
Lagerfeld. Zeichnungen: Simon Schwartz, Text: Alfons Kaiser. Lagerfeld. C.H. Beck 2025
Was hätte Lagerfeld wohl zu einer Graphic Novel über sich selbst gesagt? Hat der Mann überhaupt jemals Comics gelesen? Oder hätte er sie womöglich abgetan, wie einst die viel zitierte Jogginghose? Jedenfalls ist die Figur, die sich selbst zur Stil-Ikone gemacht hat und zu einem Mythos der Modewelt wurde, nun zum Objekt des neuen Comics von Simon Schwartz geworden. Autor des Bandes ist Journalist Alfons Kaiser, der als Redakteur bei der Tageszeitung FAZ arbeitet. Mit dem Comic soll der Leser dem Menschen Lagerfeld nahekommen. Schwartz, der zuletzt durch Politikerporträts und historische Comics aufgefallen ist, widmet sich nun einer zwar bereits verstorbenen, aber immerhin zeitgenössischen Person. Im Comic geht es u.a. um die Beziehung zu den Eltern. Wir lernen, dass Lagerfelds Vater mit Kondensmilch der Marke Glücksklee ordentlich Geld verdiente und die Mutter ihm die stillende Brust verweigerte. Es geht um einsame Zeichenstunden auf dem Dachboden, aber auch um seinen Konkurrenten Yves Saint Laurent oder die Beziehung zu seinem Partner Jacques de Bascher. Zeichnerisch liefert Schwartz ein detailgetreues Abbild – mit dem sich Lagerfeld selbst vermutlich hätte anfreunden können.

© Foto: Alex Jakubowski
Super-Gau. Bea Davis. Carlsen 2025
Als am 11. Marz 2011 ein Tsunami auf Fukushima trifft, verändert das auch tausende Kilometer weiter westlich in Berlin das Leben einiger Menschen. Da ist etwa Josie, die sich Sorgen um das Leben ihres Ex-Mannes macht, der in einem Forschungsinstitut in der Nähe von Sendai arbeitet. Sie erreicht ihn nicht und sucht Rat und Trost bei Nacho. Der wiederum kommt gerade aus selbst gewählter Isolation. Zwei Jahre lang hat er an einem Roman gearbeitet und sich zurückgezogen und wird jetzt von Josies Problemen überrollt. Mit acht Protagonisten durchlebt der Leser die unterschiedlichsten Folgen des Super-Gaus in Japan. Und alle Geschichten sind irgendwie miteinander verwoben. Manchmal treffen sich die Hauptfiguren nur kurz und flüchtig, nehmen sich gegenseitig kaum wahr. Aber immer entsteht eine Verbindung zwischen den persönlichen Schicksalen und der globalen Katastrophe.

© Foto: Alex Jakubowski
Fleischeslust. Martin Oesch. Edition Moderne 2025
Dass ein gelernter Metzger einen Comic macht, ist schon ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher aber, dass es ein Comic ist mit einer durchaus differenzierten Sicht auf unseren Fleischkonsum. In seinem Comicdebüt erzählt Martin Oesch die Geschichte von Erwin Merz, Meister und Inhaber einer eigenen Metzgerei. Lange Jahre hat er seinen Beruf mit Freude ausgeübt. Jetzt aber scheint die Lauft raus zu sein. Schon das Aufstehen fällt ihm schwer, mit dem Gedanken daran, dass Tiere geschlachtet werden müssen. Und als er Fleischabfälle zum Abdecker bringt, spürt man seine Abneigung. Auch nach all den Jahren hat er sich nicht an den Geruch gewöhnt. Gekonnt baut der Zeichner auch noch Umwelt- und Beziehungsprobleme ein. Und da ist es schon kein Wunder mehr, dass sich Erwin und seine Frau am Ende überraschenderweise in einem Sexklub treffen – da bekommt das Wort Fleischeslust gleich eine ganz andere Bedeutung.

© Foto: Alex Jakubowski
Unruhe. Sarah Hübner. JaJa-Verlag 2025
Es könnte alles so schön sein, im idyllischen Bergdorf Ruhe. Die Bewohner freuen sich einmal die Woche über den Besuch der Briefträgerin. Die kommt mit der Seilbahn in den Ort, bringt die Post und unterhält sich. Kurz vor ihrem Abschied hat sie immer noch Zeit für eine Runde Kartenspielen. Doch plötzlich reißt ein riesiges Loch auf – und zieht das Dorf damit in den Abgrund. Woher kommt das Loch? Wer ist schuld? Und wer profitiert gar davon? Schnell machen Verschwörungstheorien die Runde. Die Stimmung kippt. Manch eine versucht, mit esoterischen Halsketten Kapital aus der Misere zu schlagen. Andere verbreiten Angst. Nur: Wer steckt hinter dem Ganzen? In ihrer Diplomarbeit entwirft Sahra Hübner ein düsteres Bild. In ihrem Mikrokosmos geht es nicht mehr um die Wahrheit. Es geht darum, wer die Meinungshoheit hinter sich hat. Die Briefträgerin versucht sich als Aufklärerin. Aber ob sie wirklich durchdringt?

Mehr Comic-Tipps zu Weihnachten: Teil 1
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