Die alten Knacker – jetzt schon ein Klassiker

Vor rund fünf Jahren brachte der Bielefelder Splitter-Verlag die Reihe Die Alten Knacker zu uns. Schon damals hätte man erahnen können, dass hier ein Knüller in die Regale kommt. Immerhin ist Autor Wilfried Lupano im französisch-sprachigen Raum mit zwei Handvoll Titeln ein etablierter Autor. Und Zeichner Paul Cauuet überzeugt mit Zeichnungen, die zum lakonisch anmutenden Szenario passen. Vor allem die Mimik und Haltung der Figuren überzeugen. Kein Zweifel: Die alten Knacker sind jetzt schon ein moderner Klassiker. Eine meiner Lieblingsserien sind sie auf jeden Fall.

Die jungen, alten Knacker ©Splitter Verlag

Kaum zu glauben, aber mittlerweile ist bereits Band 6 der Reihe erschienen. Dieses Mal zieht es die alten Freunde Pierrot und Antoine zu Mimile nach Französisch-Guyana. Unwillig nur packt Pierrot seine Koffer. Der über 70-jährige Stadtmensch fühlt sich nicht wohl im Dschungel. Noch dazu, wo Mimile mit Details zur Reise spart.

Turbulente Geschichte – mit so mancher Überraschung

Nichtsdestotrotz machen sich beiden Rentner auf den Weg. Und wie wir es von den alten Knackern schon aus den fünf vorhergehenden Bänden kennen, ist die Geschichte ruckzuck turbulent. Nicht immer machen die rüstigen Rentner das, was sie auch wollen. Kein Wunder, dass sie sich unversehens auf einer Theaterbühne wiederfinden, mit Pluderhose und Pistole im Gurt. Antoines Enkelin Sophie (wir kennen sie bereits seit Band eins) sei Dank.

Cover zu Die alten Knacker, Band 6. Der Guyana-Fetisch. ©Splitter Verlag

Die Story des aktuellen Bandes gehört eher zu den schwächeren bisher. Aber es gibt unglaublich gute Szenen, die den Charme der Reihe ausmachen. Allein die Anfangssequenz mit Pierrot auf der Herrentoilette. Neun Panel, die einen ganzen Film erzählen. Mimik, Körperhaltung, Gestik. Und dann natürlich der Überraschungseffekt, den niemand von einem über 70-jährigen erwartet.

Was kann der Film, was der Comic nicht kann?

Der „Aktivist der Linksradikalen Bewegung“ gilt bei der Ausreise am Flughafen als Gefährder. Genialer Einfall mit kleiner, sozialkritischer Anmerkung. Dass der radikale Pierrot nach seiner Ankunft dann eine Reise in seine eigene Vergangenheit macht: auch das ein guter Teil des Plots. 

Drei der neun Panel zu Beginn. Einfach ein Genuss. ©Splitter Verlag

Denn Pierrot trifft eine Frau aus Studentenzeiten wieder. Lange ist es her, 1967, natürlich kann er sich nicht an sie erinnern. Sie sich aber schon. Damals verliebt, heute mit sich im Reinen und zur Ruhe gekommen. Ganz anders als Pierrot.

1967 lässt grüßen

Dass er sich kaum an Blandine erinnern kann, verrät viel über die Überheblichkeit des versnobten, intellektuellen Studenten von einst. Sein schlechtes Gewissen kommt spät, ist der zur Ruhe gekommenen alten Dame aber auch egal. Leise amüsiert sie sich über den verwirrten Pierrot. Auch das große Erzählkunst.

Linksradikale Gefährder? Könnte hinkommen. ©Splitter Verlag

Am Ende geht es noch um Umweltschutz und die Hilfe für ein soziales Projekt. Für die alten Knacker vielleicht ein bisschen viel Gutmenschentum – aber was soll’s. Der Band liest sich in einem Rutsch und weckt die Hoffnung auf mehr.

Die alten Knacker in Kunstharz

Wegen ihres großen Erfolgs übrigens gibt es die alten Knacker jetzt auch als Kunstharzfiguren – in einer auf 600 Exemplare limitierten Auflage. Eine Ehre, die sonst nur Charakteren wie Asterix, Tim und Struppi oder Lucky Luke zuteil wird.

Kurzum: Ein toller Comic. Wer ihn schon kennt, kann sich auf einen weiteren gelungenen Band freuen. Wer ihn noch nicht kennt: Zugreifen.

Angaben zum Buch: 
Die Alten Knacker, Band 6: Der Guyana-Fetisch. Autor: Wilfried Lupano. Zeichner Paul Cauuet. Farben: Jérôme Maffre. Hardcover, farbig. 56 Seiten. Splitter Verlag. 15,-€
5 von 5 Comic-Denkblasen

Und hier der Link zum Verlag: https://www.splitter-verlag.de/

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