Wer Fan von Eintracht Frankfurt ist, kennt das ständige Auf und Ab. Der Erfolg der vergangenen Jahre täuscht über so manche Niederlage und Schmach hinweg. Nicht zu Unrecht hatte der Verein lange den Spitznamen Diva vom Main. Philip Waechter ist Fan der Eintracht – schon ganz lange. Seit dem 1. Januar 2000 zeichnet er jeden Tag eine Postkarte. Auf vielen ist die Eintracht verewigt. Eine Auswahl seiner Zeichnungen der vergangenen 20 Jahre hat er jetzt in seinem neuen Buch zusammengefasst. Philip Waechter: Nur die SGE.

(ALex Jakubowski) Lieber Philip, Dein Buch heißt 20 Jahre mit Eintracht Frankfurt. Ich nehme an, Deine Liebe zur SGE hält schon viel länger an. Wie hat es bei Dir begonnen?
(Philip Waechter) Fußball als Fan habe ich, soweit ich mich erinnere, zum ersten Mal während der WM 1974 erlebt. Wir Kinder haben uns damals die Bilder von Spielern aus den Zeitungen ausgeschnitten und eigene Spielerpässe gebastelt. Ich war Franz Beckenbauer, mein Bruder Robert hatte es damals schon mit Bernd Hölzenbein. Etwas später, im Dezember 1974, folgte mein erster Besuch im Waldstadion mit meinem Vater und den Brüdern. 2:0 gegen Eintracht Braunschweig bei Eiseskälte, mit rotem Ball auf schneebedecktem Rasen, unvergesslich! An das Spiel erinnere ich mich kaum, einzig daran, dass Charlie Körbel einen Elfmeter neben das Tor geschossen hat. Seit dem Tag bin ich wohl Eintracht-Fan.

© Foto Philip Waechter
Nochmal zürück zum Titel: Du zeichnest seit dem Jahr 2000 jeden Tag eine Postkarte. Aus all diesen Motiven hast Du jetzt die SGE-Titel destilliert. Wie ist diese Art der Zeitreise für Dich selbst?
Das schöne und interessante an meiner Postkartenzeichnerei ist für mich die alltägliche Reflexion. Was habe ich heute erlebt? Was war besonders? was war schön oder doof? So halte ich Erinnerungen fest, die größtenteils schnell wieder vergessen wären, die es aber wert sind, festgehalten zu werden. Eigentlich gibt es selten Tage, an denen gar nichts passiert, nicht irgendein komischer Dialog stattfindet oder es zu einer bemerkenswerten Situation kommt.
Meine „Tageskarten“, wie ich sie nenne, funktionieren wie ein Tagebuch. Sie Jahre später durchzublättern und in Erinnerungen und der Vergangenheit zu schwelgen, ist ein großes Vergnügen für mich. Als Eintracht-Fan tauchen dabei auch immer wieder Situationen rund um die SGE auf. Als das Eintracht-Museum im letzten Jahr eine Ausstellung zum 125-jährigen Jubiläum plante, kam mir die Idee, dass es doch schön wäre, anhand dieser Karten durch die letzten 25 Jahre zu schlendern. Ganz persönlich, mit dem Blick eines Fans. Aus dieser Zusammenstellung entstand letztendlich das Buch.

Das Buch fängt an mit dem Aufstieg der Eintracht am 22. Mai 2005. Aber es gibt ja nicht nur schöne Momente, als SGE-Fan. Auch die zeichnest Du. Ist das ne Art von Therapie? 😉
Nein, es gibt nicht nur die schönen Momente. Eine Zeichnung aus dem Buch zeigt mich z.B. auf dem Fahrrad nach einem wichtigen, verlorenen Spiel, während ich denke: „Als Eintracht-Fan muss man ganz schön viel ertragen!“. Aber so ist es eben, und wer viel leidet, weiß einen DFB-Pokalsieg auch ganz besonders zu schätzen. Eine Art Therapie oder Frustbewältigung ist die Zeichnerei eigentlich nicht, obwohl eine aktive Auseinandersetzung mit dem Schmerz ja helfen soll… okay, vielleicht ein bisschen.
Wie schwer fällt es Dir, das Eintracht-Geschehen immer wieder auf nur eine Seite zu pressen?
Kommt immer darauf an. Eine schnöde 1:3 Niederlage gegen Mainz lässt sich einfacher auf Postkarte festhalten als z.B. der Europaleague-Gewinn 2022. Manche Ereignisse, und das betrifft natürlich sämtliche Bereiche des Lebens, sind einfach zu groß, zu mächtig, zu emotional, als dass man sie auf einer kleinen Zeichnung entsprechend abbilden könnte.

Auch Dein Sohn und Deine Frau Moni Port tauchen in den Zeichnungen auf. Wie sehr ist die Eintracht ein Familien-Ding bei Euch?
Wir drei sind alle Eintracht-Fans und wenn die Eintracht am Wochenende gewinnt, kann das der guten Stimmung im Hause Port/Waechter durchaus förderlich sein. Wir sind als Familie glückliche Besitzer einer einzelnen Dauerkarte. Meistens gelingt es uns immer noch, ein zweites Ticket zu organisieren, zwei von uns trifft man sehr häufig im Stadion an.
Das Buch endet mit einer weißen Seite, auf der steht: Und in Zukunft… Wie gehts weiter mit der Eintracht?
Elye Wahi schießt endlich sein erstes Bundesligator, legt seine Verzagtheit und Verunsicherung komplett ab, beendet die Saison in Frankfurt und wird hinter Harry Kane mit 28 Treffern Vize-Torschützenkönig. Dank seiner Tore landet die Eintracht auf einen überragenden 3. Platz. Wahi wird doch noch glücklich in Frankfurt und bleibt fünf weitere Jahre, so wird es kommen.

Wenn Du es Dir aussuchen dürftest: Welche Motiv würdest Du mit Blick auf die SGE am liebsten zeichnen?
Diese Frage habe ich neulich schon einmal gestellt bekommen und ich habe geantwortet, dass es die Meisterschaft doch irgendwann mal sein dürfte. Aber eigentlich ist das nicht wichtig, es darf gerne wie bisher, mit all den Aufs und Abs, weitergehen. Die Eintracht soll die Eintracht bleiben und wenn irgendwann nochmal ein Titel dazukommt, sind wir doch alle happy!

Angaben zum Buch: Nur die SGE. 20 Jahre mit Eintracht Frankfurt. Text/Zeichnungen: Philip Waechter. HC, Farbe, 108 Seiten. Henrich Editionen. 18 Euro.
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Philip war schon öfter Gast der Comic-Denkblase. Zum Beispiel hier: Tocotronic Songcomic

© Foto: Moni Port