Mein Freund Rilke

Am 4. Dezember vor 150 Jahren wurde der große Poet Rainer Maria Rilke geboren. Ein guter Anlass, um sich mit dem Dichter auseinanderzusetzen, dachte sich Melanie Garanin. Und prompt hat sie sich in ihn verliebt. Also, sie… und ihre Hauptfigur im Comic. Eine verrückte, eine liebevolle Geschichte, wunderschön gezeichnet in Melanies leichthändigem Stil. Eine echte Entdeckung. Kurz vor Rilkes Geburtstag hat Melanie mir ein schönes Interview gegeben: Mein Freund Rilke.
©Foto: Melanie Garanin
(Alex Jakubowski) Liebe Melanie, 150 Jahre Rilke, das ist ein schöner Anlass und ohne Zweifel ist er ein bedeutender Dichter. Aber was genau hat Dich dazu gebracht, einen Comic über und mit ihm zu machen?

(Melanie Garanin) Es war so ungefähr 2015/2016, als ich angefangen habe, Rilke zu mögen, dann zu lieben. Er war mir ein großer Tröster, Beistand und Seelenstreichler. Vor allem, als ich dann anfing, an meinem ersten Comic zu arbeiten (NILS: Von Tod und Wut. Und von Mut.) wusste, ich will unbedingt noch mehr Comics machen – und dann, als ich immer wieder seine Gedichte las, Bilder zu Zeilen fand: Seitdem hatte ich den Gedanken, vielleicht mal etwas komplett mit und oder über Rilke zu zeichnen.

Mein neues Buch sollte eine romantische Liebesgeschichte werden, sowas wollte ich unbedingt zeichnen! Rilke dann zum Geliebten einer mittelalten Frau von heute zu machen, die Idee kam ziemlich plötzlich, ich wusste aber von Sekunde Eins, dass sie richtig gut ist und Potential hat.

Das Cover von „Mein Freund Rilke“.
©2025 Carlsen Verlags GmbH
Deine Geschichte ist ja schon ungewöhnlich. Deine Protagonistin, eine Journalistin, verliebt sich in Rilke. Also in echt. Klingt eher nach Fantasy, oder?

In der Fantasie geht bekanntlich alles. Auch echte Liebe, oder?

Der Verlag schreibt, Du eröffnest eine neue, heutige Sicht auf ihn. Welche Sicht ist das denn?

Ich erzähle Rilke durch die Augen einer Journalistin, die über ihn recherchiert. Diese Ebene wollte ich so sachlich, einfach und wertfrei wie möglich halten. Was dann passiert, ist wahrscheinlich neu. Oder auch nicht. Denn indem meine Protagonistin sich ja (dann nicht nur theoretisch) mit Rilke auseinandersetzt, verändert sich nicht nur ihr Blick auf ihn. Rilke zu erklären (Mensch sowie Werk) ist in vielerlei Hinsicht mehr als kompliziert und vielleicht sogar nicht wirklich möglich. Und ich glaube inzwischen manchmal, diese Schwierigkeit habe ich durch meine auf den ersten Blick etwas verrückte Art der Geschichte ziemlich gut durch die Brust ins Auge getroffen.

©Foto: Melanie Garanin
Warst Du schon immer Rilke-Fan?

Seit ich ihn kenne: Ja. An die Zeit davor kann ich mich  nicht erinnern.

Was hat Dich bei der Beschäftigung mit ihm besonders überrascht?

Seine Liebe zu Hunden vielleicht. Das wusste ich vorher nicht, wie sehr er Hunde liebte.

Welches ist Dein Lieblingsgedicht von Rilke?

Mmmh. Ich kann mich nicht entscheiden… (Eine Dreiviertel Stunde später): Engellieder, Fortschritt und das Requiem für eine Freundin. Ach, ich mag auch einzelne Zeilen sehr aus den Duineser Elegien. Müsste ich mich entscheiden, dann wäre es wahrscheinlich diese eine Strophe aus den Engelliedern:

„Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht,

kann er frei seine Flügel entfalten

und die Stille der Sterne durchspalten, 

denn er muß meiner einsamen Nacht nicht mehr die ängstlichen Hände halten –

seit mich mein Engel nicht mehr bewacht.“

©Foto: Melanie Garanin
Hast Du vor, auch andere Dichter im Comic zu verewigen? Das könnte ja ne Reihe werden… 😉

In der aller-, allerletzten Szene, die ich hier natürlich nicht spoilern werde, hatte ich mal angedacht, einen Stapel Bücher über Heidegger, Goethe oder Heine, irgendwen, in Ellens Wohnungsflur zu zeichnen, als hätte sie schon einen weiteren „Fall“ am Laufen. Habe das dann aber doch verworfen … Nein, ich denke, ich mache keine Reihe daraus.

Angaben zum Buch: Mein Freund Rilke. Text/Zeichnungen: Melanie Garanin. HC, Farbe, 192 Seiten. Carlsen-Verlag. 26 Euro.

Hier gehts zum Verlag: Carlsen Comics

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